Brüche und Gebrochenes: Crucial schärft die Wahrnehmung

Crucial

New Improvised Music aus Köln — und der weiten Welt

Der Kölner Saxofonist Joachim Zoepf bringt fast vierzig Jahre Erfah­rung mit Improvisierter Musik ein. Addiert man noch die Erfahrung der Mitstreiter, die er für das »Crucial«-Projekt zusammengerufen hat, rechnen wir in Jahrhunderten: Günter Christmann, Posaunist und Cellist, ist einer der Pioniere der freien Musik in Europa, seit den 60er Jahren ist er unterwegs. Die Klangpoetin Elke Schipper, Christmanns Lebensgefährtin, nicht viel kürzer. Ignaz Schick, der Live-Elektroniker aus Berlin, wirbelt dort seit den 90ern. Der Fünfte im Bunde, der amerikanische Posaunist Patrick Crossland, ist hierzulande vielleicht am wenigsten bekannt, aber auch seine Vita greift weit aus — er ist u.a. im Musiktheater und der Neuen Musik bewandert.

Die Klänge, Stimmen, Ideen, Haltungen, die die Musiker für ihren Kölner Abend zusammenbringen, sind so unterschiedlich, dass es keines weiteren Konzeptes bedarf: Für Crucial gilt allein die Möglich­keit des Zusammenspiels dieser Diversität als Voraussetzung. Mit anderen Worten: Hier wird improvisiert — nicht zu ver­wech­seln mit »einfach mal spielen«!

Improvisation ist die Erforschung eines Moments — in genau diesem Moment. Spontan und ohne Vorbedingungen, unbefangen und vorbehaltlos, immer auf den Erfahrungen und Fähigkeiten aufbauend, die einer mitbringt. Und das alles — Spontaneität, Erfahrung, Talent — gehört natürlich ebenfalls zu diesem Moment.

Spätestens hier, wenn einem der selbstbezügliche Aspekt der Improvisation bewusst wird, setzt der Schwindel ein. Wo liegt die Grenze der Reflektion? Gibt es die Erfahrung der Erfahrung? Wie spontan ist spontan? Der Inhalt des Momentes, der erforscht werden soll, ist unbegrenzt. Wie gut, dass es Musik ist! Denn wenn man einfach zuhört, lösen sich die philosophischen Fragen auf. Improvisierte Musik ist ein mitreißendes Ereignis, erst recht wenn, wie in Crucial, so unterschiedliche wie radikale Musiker zusammentreffen.

Zoepf beschreibt das Projekt listig als »New Improvised Music« und formuliert damit eine Abgrenzung. Aber was war doch gleich »Old Improvised Music«? Die Antwort werden wir wohl nicht erfahren. Für Crucial gilt das, was auf Ken Keseys legendärem Hippie-Bus als einzige Fahrtrichtung stand: »Further«. Immer weitermachen.

StadtRevue präsentiert

Konzert: Fr 24.1., Alte Feuerwache/Neue Halle, 20 Uhr

Verlosung > Tageskalender erste Seite