Baustelle mit Aussicht: Oper am Offenbachplatz

Was für ein Theater

Die Opernsanierung steht mal wieder in der Kritik

Im Foyer des Opernhauses ist seit Jahren alles im Rohbau. Der Fußboden fehlt ebenso wie die Wandverkleidung, aus der Decke hängen Kabel. »Wir haben den Zustand quasi eingefroren. Es macht keinen Sinn hier am Anstrich zu arbeiten, solange die Haustechnik nicht endgültig geplant und eingebaut ist«, sagt Christopher Braun von den städtischen Bühnen. Dann aber soll hier alles ganz schnell wieder festlich aussehen. Rund um die Fenster hat schon jemand Probeanstriche gemacht, es sind kräftige Farben, die in den 50er Jahren populär waren, als der Bau von Wilhelm Riphahn eröffnet wurde. »Wir werden hier wunderbare vier Theater haben«, so Braun.

Eigentlich sollte die Oper im November 2015 wieder eröffnet werden. Doch die Sanierung geriet außer Kontrolle. Die Anforderung, unter großem Zeitdruck moderne Haustechnik in ein 70 Jahre altes Gebäude einzubauen, ohne dass jemand die einzelnen Gewerke koordinierte, hatte zu grotesken Fehlplanungen geführt. 2016 bestellte OB Henriette Reker den ehemaligen Baudezernenten Bernd Streitberger (CDU) zum technischen Betriebsleiter der Bühnen. Seither berichtet er jeden Monat öffentlich über den Fortgang der Sanierung, Kosten und Zeitplan. Schlüsselübergabe soll 2023 sein, die Baukosten belaufen sich Stand Dezember 2019 auf 550 Mio. Euro.

Die Größenordnung ist seit Juli 2017 bekannt. Doch nun gibt es neue Aufregung. Im Januar wählte die New York Times die Kölner Opernsanierung als Paradebeispiel für angeblich immer häufiger aus dem Ruder laufende große Bauprojekte in Deutschland. Im November hatte bereits der Spiegel groß über das »Drama« um den Kölner Opernbau berichtet, und der Kölner Stadt-Anzeiger stellte kurz darauf sogar infrage, ob das Ensemble jemals fertig wird. Was war passiert?

Im Sommer 2019 hatten die städtischen Bühnen neben den Bau- auch die Finanzierungskosten öffentlich gemacht, sie belaufen sich auf rund 245 Mio. Euro, mit einer Laufzeit von 40 Jahren. »Es ist unüblich, diese Kosten anzugeben«, so Streitberger Mitte Januar bei einer Veranstaltung im Haus der Architektur. »Aber wir wollten für die anstehende Ratsentscheidung alle wichtigen Infos liefern.« Mit den Zinsen kommt man auf mehr als 800 Mio. Euro, eine Summe, die viele zum Vergleich mit Deutschlands bisher prominentestem Bauskandal verführte. Wird die Kölner Oper teurer als die Hamburger Elbphilharmonie? »Unsere Transparenz ist uns da zum Verhängnis geworden«, so Streitberger. Hinzu kamen neue Probleme mit der Gebäudetechnik. Insgesamt habe man 14 Wochen Zeit verloren, doch nun sei alles auf gutem Weg, die Entwurfsplanung abgeschlossen, die einzelnen Gewerke der Haustechnik ausgeschrieben.

Die SPD-Fraktion im Rat allerdings erneuerte nach den Medienberichten ihre Forderung vom Sommer 2017, die Sanierung zu stoppen und die Oper an anderer Stelle neu zu bauen. »Niemand garantiert uns, dass es keine weiteren Kostensteigerungen geben wird. Da sind wir schnell bei einer Milliarde«, sagt Fraktionschef Christian Joisten. »Ich frage mich, ob in den monatlichen Berichten von Herrn Streitberger wirklich das wesentliche drinsteht.«

Ulrich Wackerhagen, kulturpolitischer Sprecher der FDP, hat zwar keine Zweifel an der offenen Kommunikation der Bühnen. Aber auch er ist skeptisch, ob die Sanierung am Ende gelingt. »Was, wenn die Haustechnik wieder misslingt? Wenn sich keine Bieter melden?« Nach der Kommunalwahl im Herbst will er erneut einen Antrag auf Einholung eines unabhängigen Gutachtens über die Gründe des Sanierungsdebakels vor der geplanten Eröffnung 2015 stellen; zweimal ist er damit bereits gescheitert.

»Es ist schrecklich, dass es immer länger dauert und teurer wird«, sagt Frank Deja, der 2009 mit der Initiative »Mut zu Kultur« für den Erhalt des Schauspielhauses gekämpft hatte. Eigentlich wollte der Rat das Schauspiel damals abreißen und durch einen Neubau ersetzen lassen, entschied sich nach den Bürgerprotesten aber um — gegen die Stimmen von SPD und FDP. »Aber das kann man nicht denen anlasten, die heute für die Sanierung verantwortlich sind.« Ebenso wenig könne die Bürgerinitiative etwas für das Debakel. »Keines der Probleme wäre mit einem Neubau des Schauspielhauses vermieden worden.« Was die Oper angehe, habe auch die SPD 2006 für ihren Erhalt und die Sanierung gestimmt, erinnert Deja. Doch sie und andere Verantwortliche in Politik und Verwaltung hätten das von ihnen ungeliebte Projekt von Beginn an stiefmütterlich behandelt. »So musste das ja scheitern.« Nun sei die Sanierung aber wohl auf einem guten Weg. »Das Ergebnis wird den Bürgerinnen und Bürgern recht geben.«