Femme fatale: Catrinel Marlon

»La Gomera«

Corneliu Porumboiu versteckt in seinem Krimi viele Anspielungen auf die Filmgeschichte

In einer schönen Szene von »La Gomera« geht Cristi, ein Polizist aus Bukarest, mit seiner Vorgesetzten Magda zu einer geheimen Besprechung ins Kino. Auf der Leinwand ist John Fords »The Searchers« zu sehen. John Wayne und seine Mitstreiter tappen darin buchstäblich im Dunkeln, während sich die nicht zu sehenden Indianer mit einer Pfeifsprache verständigen. Es wird nicht das einzige Mal sein, dass sich der rumänische Regisseur Corneliu Porumboiu (»12:08 — Jenseits von Bukarest«) auf die Filmgeschichte bezieht.

Cristi ist nicht nur Polizist — er macht auch gemeinsame Sache mit Gangstern. Es geht um 30 Millionen Euro, die die rumänische Mafia erbeutet hat. Der Geschäftsmann Zsolt, der das Geld waschen soll, sitzt allerdings im Gefängnis. Wo also ist das Geld? Cristi soll Zsolt aus dem Knast befreien. Dazu muss er allerdings zunächst auf La Gomera die — wirklich existierende — Pfeifsprache El Silbo erlernen, um sich mit seinen Kumpeln heimlich verständigen zu können. Denn Cristis Vorgesetzte ist ihm längst auf den Fersen und lässt ihn mit Wanzen und Kameras überwachen.

Zum Ensemble gehören noch eine schöne Femme fatale namens Gilda, Cristis Pfeifsprachen-Lehrer Kiko und Cristis Mutter, die eine dicke Überraschung in petto hat. Porumboiu bricht die Linearität der Erzählung auf, in dem er seinen Film in sieben Kapitel einteilt, die mit den Namen der sieben Protagonisten überschrieben sind. Rückblenden, Vorausschauen, Einsprengsel — die Handlung wirbelt durcheinander, erst später enthüllt sich die Bedeutung einzelner Szenen. Das ist manchmal verwirrend, führt aber auch zu magischen Momenten, etwa, wenn Gilda sich als teures Callgirl ausgibt, um Cristi in seinem verwanzten Apartment besuchen zu können.

Cineasten werden darüber hinaus viele Hommagen an die Filmgeschichte entdecken, vom rumänischen Genrekino bis zum Film noir, von Alfred Hitchcock bis zu Francis Ford Coppola. Musikalisch gibt zunächst Iggy Pop mit »The Passenger« das Tempo vor, bevor Mozart und Bellini, Kurt Weill und Carl Orff das Zepter übernehmen. Leichtfüßig flicht Porumboiu diese Bezüge in seinen Film ein — er liebt das Kino und die Musik und lässt den Zuschauer unaufdringlich an dieser Liebe teilhaben. Und dann endet das Ganze mit einem Lichterspektakel, das man je nach Haltung kitschig oder überwältigend finden kann. Porumboiu lässt einem die Wahl.

(dto) RUM/F/D 2019, R: Corneliu ­Porumboiu, D: Vlad Ivanov, Catrinel Marlon, Rodica Lazar, 89 Min.