Katharina Sieverding, »Deutschland wird deutscher«, 1992 | © D. Steinfeld, Van Horn, Düsseldorf 2020

Verteidigung der Freiheit

Die Ausstellung »Deutschland« in der Galerie VAN HORN zeigt, wie man sich mit Kunst klar gegen rechte Vereinnahmung positioniert

Die Empörung war groß, als die AfD im baden-württembergischen Landtag die Anfrage stellte, wie viele Nichtdeutsche an staatlichen Bühnen beschäftigt seien. Wo sie in Parlamenten sitzt, will die Partei die öffent­lichen Mittel für Theater kürzen, deren Programm ihr nicht »deutsch« genug oder zu links ist. »Deutsche Leitkultur« statt »Traditions­vernich­tung« (Alexander Gauland) lautet die Devise. Radikale Gruppen wie die »Identitären« greifen zu respektlosen bis kriminellen Mitteln: Shit­storms in sozialen Medien, Störung von Aufführungen, Mord­drohungen an Theater­macher*innen wie die Intendantin des Gorki Theaters in Berlin Shermin Langhoff.

Und was macht die Kunst? Während auf den Bühnen offensive Antworten auf den drohenden Backlash von rechts formuliert werden (in Köln etwa mit dem Stück »Inside AfD« des nö Theater), diskutiert man an den öffentlichen Kunstinstitutionen zwar darüber, wie man sich positioniert, verfasst gemeinsame Erklärungen wie die Initiative »Die Vielen«, aber konkrete programmatische Zeichen sind rar.

Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte

Daniela Steinfeld, gestartet als Künstlerin und heute mit ihrer Galerie VAN HORN eine der interessantesten Adressen in Düsseldorf, will nicht nur zusehen. Mit ihrer aktuellen Ausstellung »Deutschland« bietet sie ihre Sicht auf eine »Deutsche Kultur«. Elf deutsche Künstler*innen verschiedener Generationen setzen sich mit der bundesdeutschen Geschichte aus­ein­ander, reagieren auf aktuelle oder historische Geschehnisse, die aus heutiger Sicht erschreckend zeitgemäß sind.

Katharina Sieverdings Plakatarbeit »Deutschland wird deutscher«, nicht zu übersehen im Eingangsbereich der Galerie, basiert auf einer Zeitungs­schlag­zeile von 1992, auch Klaus Staecks politische Plakate aus den 1970er und 80er Jahren haben an Aktualität nichts verloren. Henrike Naumann, ein Shooting Star der hiesigen Kunstszene, beweist mit ihrer Arbeit über die »Reichsbürger« wieder mal das richtige Gespür für deutsch-deutsche Geschichte aus Sicht der zur Wendezeit in Ost­deutsch­land geborenen Generation. Die Ausstellung öffnet einen dringend notwendigen Raum zur Verteidigung der Freiheit der Kunst, von denen wir mehr brauchen, nicht nur in privaten Galerien.

»Deutschland«

mit: Peggy Buth, Asta Gröting, Sven Johne, Annette Kelm, Barbara Klemm, Reinhard Mucha, Andreas Mühe, Henrike Naumann, Wilhelm Schürmann, Katharina Sieverding, Klaus Staeck

Van Horn, Ackerstr. 99, Düsseldorf
Mi–Fr 13–18, Sa 12–16 Uhr u. n. Vereinbarung,
bis 30.4., van-horn.net

Performance: Sa 14.3., 16 + 18 Uhr: 
Christoph Dettmeier »Märchenwaldruinen« (2020)
Overvoice-Gesang u. Projektionen