Musik — Licht — Raum: Ambient in Köln, Foto: Nathan Ishar

Re — Sur — Rec — Tio

Das Ambientfestival »Zivilisation der Liebe« feiert sein Comeback

Als Brian Eno vor über 40 Jahren seine Ambient-Reihe startete (»Music for Airports«), war das ein Schachzug von erlesener Hintersinnigkeit: Denn »Ambient« sollte doch bloß Gebrauchsmusik sein, Hintergrundmusik, Soundtrack für die Eiligen, die Passanten, die Unaufmerksamen. Und so klang dann die Musik: Verhuscht, nahezu konturlos, amorph, ohne Zentrum, wie mit stark verdünnter Wasserfarbe auf die Leinwand aufgetragen. Darin war sie radikal. Ihre Wirkung entfaltete sich dialektisch: Je unspektakulärer die Musik, desto größer die Aufmerksamkeit, die sie erzeugte. Eno erzeugte einen einzigartigen Sog aus Belanglosigkeit und Beiläufigkeit.

Mit dem Begriff »Ambient« ist seitdem viel Schindluder getrieben worden, wer ihn aber verstanden hat, ist der Kölner Veranstalter Dietmar Saxler: 2005 richtete er in St.Aposteln am Neumarkt die erste »Zivilisation der Liebe« aus, ein Festival der Ambient-Musik, behutsam näherte er sich den Möglichkeiten, diesen stolzen sa­kralen Raum zu bespielen — eben nicht prätentiös und auftrumpfend, sondern zurückhaltend, mit präzise ausgewählten Acts und DJs, fein aufeinander abgestimmten Konzerten, kurzum: mit einer liebevollen Haltung. Saxler schöpfte aus dem Pool der elektronischen Musikszenen Kölns und erweiterte ihren Kanon ins Internationale. Die »Zivilisation der Liebe« war bald mehr als nur ein Kölner Ereignis. Aber 2016 war dann erst mal Schluss.

Jetzt kommt Saxler zurück und feiert, der Titel verrät es, die Auferstehung: »Re — Sur — Rec — Tio«. Das aktuelle Programm knüpft an die eigene Tradition an, etwa mit einem Stück der Kölner Komponisten und Elektronikers Marcus Schmickler oder mit der perlenden Klaviermusik Lubomy Melnyks. Saxler legt wert auf Kontinuität — und knüpft mit John Kameel Farah und dem Streichquartett Echo Collective, das die elegische Musik von Jóhann Jóhannsson spielen wird, mehr denn ja an den Diskurs von Post-Minimalismus und Neo-Klassik an. Die »Zivilisation der Liebe« eröffnet stilvoll die Kölner Festi­val-Saison, die über »Early Music: Reload« (21.–29.3.) bis zu »8 Brücken« (Musik und Kosmos, 30.4.–10.5.) reichen wird. Lässt
sich gut an!