Tobias Zielony, »Maskirovka«, 2017, Videostill courtesy of the artist and KOW, Berlin/Madrid

Gefährlich lebendig

Die Ausstellungsreihe JSC ON VIEW richtet den Blick auf die unbequeme Gegenwart

Auf den ersten Blick wirken die Videos und Fotografien, die in der neuen Präsentation der Ausstellungsreihe »JSC ON VIEW« in der Julia Stoschek Collection (JSC) zu sehen sind, wie Raubtiere in Käfigen. Denn hier, in einer der weltweit größten und renommiertesten Sammlungen zeitbasierter Kunst, sind sie weit entfernt von ihren natürlichen Kontexten, ihren inhaltsstiftenden Territorien, nämlich den krisengeschüttelten Gebieten und Situationen unserer Gegenwart. Diese Realitätsbezogenheit macht ihre politische Sprengkraft, ihre gefährliche Lebendigkeit aus.

Gezeigt werden zehn küns­tlerische Positionen in einer un­hierarchischen Abfolge von kammerartigen Räumen, die durch Glaswände voneinander getrennten sind. Die Präsentationsform vereinfacht das Herstellen visueller Bezüge unter den Werken, während sie akustisch unberührt voneinander bleiben. So entsteht ein Nebeneinander von lauten und leisen Stimmen, deren Auftakt die Videoinstallation »Maskirovka« (2017) von Tobias Zielony ist. In schnell wechselnden Schnittfolgen vermengt er ästhetisch an­ziehende Bilder von der Kiewer Partyszene mit jenen der Euro­maidan-Proteste. Beide verbindet das Motiv der Maske, das Fragen nach Identität und Selbstbestimmung aufruft.

Den Körper als individuell-subjektives wie auch politisches Medium thematisiert das ikonische Video »Barbed Hula« (2000) von Sigalit Landaus. Darin lässt die aus Israel stammende Künstlerin einen Hula-Hoop-Reifen aus Stacheldraht um ihren nackten Bauch kreisen. Das so kreierte, allein schon bei der Betrachtung Schmerz erzeugende Bild ist Symbol von Gewalt und Unterdrückung. Wie sich wiederum Unterdrückung und struktureller Rassismus als Teil einer medialen Bilderflut gegenseitig bedingen, reflektiert eine der wohl spannendsten und einflussreichsten Arbeiten des vergangenen Jahrzehnts: Arthur Jafas Videoinstallation »APEX« von 2013.

So wirkt der Ausstellungsrahmen durch die Gleichzeitigkeit der vielen hier versammelten Realitätsausschnitte schließlich doch eher wie ein neutraler Schutzraum. Von hier aus ist es uns möglich, in die Welt zu schauen, ohne gleich zum Akteur werden zu müssen. Wir sind der Gefahr der Realität enthoben. Sie breitet sich in domestizierter Form dennoch vor uns aus und bietet die Chance einer persönlichen, reflektierten Positionierung — ohne das Gefühl gänzlich beiseite schieben zu müssen.

»JSC ON VIEW«, 9.2.–19.7., JSC Düsseldorf, Schanzenstr. 54, 40549 Düsseldorf