Grüße aus der geschlossenen Welt

Wie Museen und Galerien das Netz nutzen: Ein Rundgang durch die lokale Szene

»Hi, my name is Yilmaz Dziewior«, sagt der freundliche Herr im Anzug und erklärt, während er einen Arm von sich streckt, den Zuschauern, dass das Museum Ludwig sich bemühe zu ihnen zu kommen, solange sie nicht in Museum können. An Ende des abgewinkelten Arms: ein Smartphone, welches den Direktor dabei filmt, wie er dem Betrachter in der Folge ein Bild von David Hockney näher bringt.

Es ist oft das Spontane und schnell Gestaltete, welches in diesen Zeiten die Kultur irgendwie zu den Menschen transportiert. Wo dies nicht gewagt wird, bleibt auf Webseiten und Präsenzen in den sozialen Medien oft nur der Verweis »Zur Zeit geschlossen«. So ist der Mut des Ludwig zu begrüßen. Bei Facebook stellen neben dem Direktor auch andere Mitarbeiter ihre Lieblingswerke vor, es werden Challenges initiiert und thematische Führungen angeboten, etwa zum Werk Rosemarie Trockels oder zur Kunst der Collage, und zur verschobenen Ausstellung »Mapping the Collection« gibt es ab sofort eine filmische Einführung von Kuratorin Janice Mitchell.

Videokunst für alle

Etwas einfacher hat es die Julia Stoschek Collection, scheint es doch weit schwieriger, Malerei und Skulptur angemessen ins Netz zu bringen als Stoscheks bevorzugtes Medium: Videokunst. Dennoch ist es keine Selbstverständlichkeit, dass sie aktuell große Teile ihrer weltweit einmaligen Sammlung online zugänglich macht und damit tatsächlich Raum für eine eingehende Beschäftigung erlaubt. Zu sehen sind Arbeiten von John Bock, Keren Cytter, Manuel Graf, Wolfgang Tillmans und vielen mehr.

Ebenfalls sehr professionell gestaltet sich der virtuelle Rundgang durch die Sonderausstellung des französischen Comickünstlers Moebius, den das Brühler Max Ernst Museum derzeit auf seiner Webseite anbietet. Dabei finden Moebius Zukunftsphantasien und die moderne virtuelle Technik zu einer interessanten Symbiose.

Kunsttalk mit Stofftieren

Doch was machen jene im Kunstbetrieb, denen die Krise wirtschaftlich potenziell am meisten zusetzt? Ein wenig im mutigen Ad-hoc-Stil des Ludwig nutzt Claudia Cosmo mit ihrer Galerie Rompone die freie Zeit für Interviews mit Kulturschaffenden aus verschiedenen Bereichen — wobei ein Stoffkaninchen, in barock-elegantem Stil zwischen Queen Mum und Kultur-TV-Legende Margret Dünser, die Fragen stellt. Gleich zwei Mal die Woche sendet Rompone via Instagram. Die Galerie Krupic Kersting bietet wiederum zu zuvor angekündigten Terminen auf ihrer Instagram Seite Interviews mit ihren Künstlern.

Andere Galerien, wie zum Beispiel Werner Klein, können derweil von ihrer sorgfältigen Dokumentation der Ausstellungen profitieren. Online bietet sich zumindest eine Möglichkeit, die bereits im Shutdown gehängte Gruppenausstellung »Die Vielfalt der Linie« zu sehen. Auch wenn man ob der avancierten und experimentellen Zeichnungen sich oft den unmittelbaren Anblick erwünscht, den es derzeit nur beim Besuch mit Voranmeldung gibt. Auf der Seite der Galerie Buchholz stolpert man unvermittelt in die eigentlich in New York gezeigte Ausstellung von Marie Laurencin. Diese ebenfalls komplett dokumentierte und geradewegs museale Show zeigt das Schaffen der zu Unrecht auf ihre Rolle als Inspiration für Guillaume Apollinaire festgenagelten Künstlerin, wir sehen wundervolle Portraitzeichnungen und verzauberte Malerei.

Wie ein Vorbote der aktuellen Zeit erscheint nun die einsam hängende Ausstellung »Glaschu« von Cornelius Quabeck bei Norbert Arns: Quabeck hat in minutiöser, ein wenig an Magritte erinnernden Malerei über ein Jahr den Blick aus ein und demselben Fenster eines Hauses in Schottland gemalt. Die Galerie hat jetzt alle Werke der Ausstellung online gestellt und den wundervollen Ausstellungstext von John Burnside für den einsamen oder Abstand haltenden Flaneur ins Fenster der Galerie gehängt, so dass sich der Weg in die Lindenstraße auch in einer Welt lohnt, in der noch alles geschlossen ist.

Museum Ludwig: museum-ludwig.de

Julia Stoschek Collection: jsc.art/

Max Ernst Museum Brühl: maxernstmuseum.lvr.de

Werner Klein: galeriewernerklein.de

Buchholz: galeriebuchholz.de

Rompone: romponeartspace.com, instagram.com/galerierompone/

krupic kersting: instagram.com/kukcologne/

Norbert Arns: Lindenstraße 19, galerienorbertarns.de

 

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