Spricht aus der Zukunft: Anja Utler, Foto: Dirk Skiba

Weite Umlaufbahnen

Das Lyrikfestival »Satelliten« bringt Autor*innen mit anderen Künsten zusammen

Vielleicht ist Lyrik von allen Literaturgattungen am besten dazu geeignet, sich mit anderen Disziplinen der Kunst auszutauschen. Mit der Musik hat sie den Umgang mit der Metrik gemeinsam, von der bildenden Kunst borgt sie sich gerne Motive und mit dem Filmschnitt vereint sie der abrupte Wechsel von Erzählperspektiven und Gedanken. Da passt es eigentlich gut, dass das Festival »Satelliten III« schaut, wie man Lyriker*innen mit Künstler*innen aus anderen Disziplinen in den Dialog bringen kann.

Schauplatz ist die Orangerie im Volksgarten. Marcel Beyer, Lyriker und Romancier, trifft dabei auf Manos Tsangaris. Der Perkussionist bearbeitet seine Schlaginstrumente mit dem Geigenbogen oder Küchen­tüchern, Marcel Beyer liest dazu. »Der Dichter arbeitet als Reh im Innendienst«, schreibt er in seinem letzten Lyrikband »Dämonenräumdienst«, in dem Reflektionen über das Schreiben sich durch die einzelnen Gedichte zieht, was wiederum gut zum meta-perkussiven Spiel von Tsangaris passt.

»Schreiben sei Verdauungsstunde, Darmkontrakt. Ich gehe prompt d’accord!«, schreibt dagegen Alexandru Bulucz, der in seinen Gedichten vor allem daran interessiert ist, Erinnerungen in Sprache zu übersetzen. Er trifft auf Bernd Leukert, der nach einer Karriere als Hörfunkredakteuer heute akusmatische Stücke komponiert.

Anna Hetzer bringt Geschichten und Orte in Gedichtminiaturen, die sorgsam ausbalanciert zwischen Erdichtetem und Erlebtem schwanken und beim »Satelliten«-Festival mit Licht- und Bewegtbildern von Andrea Schmidt inszeniert werden. Anja Utlers poetischer Monolog »kommen.sehen« spricht dagegen aus der Zukunft zu uns. Die Klimakatastrophe »drei Jahre Sommer« hat die Welt physisch vernichtet. Die Erzählerin will ihrer Tochter die Veränderungen durch diese Katastrophe erklären, scheitert aber daran, dass die alten Codes und Mythen nicht mehr zur Beschreibung und Erklärung taugen. Utlers Lyrik wird von der Grafikerin Claudia Kugler inszeniert, um die Sprachlosigkeit zumindest mit Bildern lindern zu können.