30 Millionen für einen unbezahlbaren Ausblick: Sonnenuntergang auf dem Kalkberg, Foto: Manfred Wegener

Alles ist erleuchtet!

Der Stadtrat hat ein Einsehen. Es wird keine Rettungshubschrauber auf dem Kalkberg geben

In den Kulten aller Völker und Epochen haben die Berge eine große Bedeutung. Es sind mystische Orte. Dort oben, dem Himmel näher, wird vielen, die bereit sind, die Mühen des Aufstiegs auf sich zu nehmen, Erleuchtung zuteil. Und es muss gar nicht großes Gebirge sein. Manchmal reicht die aufgeschüttete Müllhalde einer Chemiefabrik, wie der Kalkberg in Buchforst.

Dies erfuhren nun die Kölner Sozialdemokraten. 27 Abgesandte des altehrwürdigen Kultes, die sich im Großen Rat der Stadt versammeln, sind bekehrt. All die Jahre wollten sie eine Rettungshubschrauberstation auf den Berg setzen. So hatte es ihnen ihr damaliger Stadtdirektor Guido Kahlen eingeflüstert: Zum Beleg hielt der Stadtdirektor eine »Matrix« hoch, die nur er zu entziffern verstand — wie sonst sollte eine Chemiehalde der beste Ort für Hubschrauber sein? Er aber wollte, was noch keiner vor ihm gewagt hatte: von einem Chemiemüllberg Hubschrauber fliegen lassen, hoch in den Himmel!

Selbst als sich der Berg wehrte, die im Bau befindliche Hubschrauberstation abzuschütteln versuchte, da ließen die Sozialde­mokraten nicht ab — während sich andere im Großen Rat längst abwandten. Der Stadtdirektor sei besessen und die Matrix Schwindel! Grüne, Linke, GUT und immer mehr sprachen nun so! Doch die Sozialdemokraten folgten ihrem Stadtdirektor treu und fest, auch noch als dieser verschwand, in Rente, und nie wieder gesehen ward. Immer mehr Geld waren sie alle viele Jahre bereit gewesen auszugeben, um den Berg zu zwingen, immer mehr! 30 Millionen Euro für Bau und Sanierung!

Erst 15 Jahre später fielen die Sozialdemokraten von ihrem Aberglauben ab. Es begab sich am zehnten Tag im Monat September, da sprachen sie: Schaut, die zerstörte Baustelle! Schaut, unser törichtes Tun! Wie der Berg sich wehrt! Und schaut nach Osten: Die Rettungshubschrauber, sie starten doch längst vom Flughafen in Porz aus, bald schon im zwölften Jahr! Ist denn nicht auch ein Flughafen ein besserer Ort für Hubschrauber als eine Chemiemüllhalde?

Da endlich wollten sie, dass der Kalkberg bleibe, was er ist. Kein Hubschrauber sollte je dort starten. Und alle kamen, um zu hören, und Grüne, Linke, Wählergruppe GUT frohlockten sehr, dass die SPD wieder bei Sinnen war. Allein, die CDU irrt noch umher und lässt nicht ab. Manch einer, der sie sieht, sagt, all das Reden von den Hubschraubern habe ihren Sinn auf alle Tage verwirrt. Und womöglich steht selbst die Grüne Jugend noch unter dem Einfluss unguter Kräfte: Für sie nämlich ist der gemeinsame Rückzug von SPD und Grünen vom Berg ein Zeichen, dass sich hier ein neuer grün-roter Bund im Großen Rat der Stadt ankündige. Mit dem würde dann doch endlich alles, alles gut in Köln.