Andreas Malm: »Klima|x«

Stadtrevue liest

Oh Gott, noch ein Corona-Essay! Will man das wirklich lesen? Die Antwort ist ein klares »Ja«, denn dieses kurze Büchlein des schwedischen Humangeographen Andreas Malm nimmt die Pandemie zum Anlass, um die Krimakrise in die Gedächtnis zu rufen. »Klima|x« ist eigentlich drei Bücher in einem: eine Kurzanalyse der politischen Corona-Maßnahmen im Vergleich zur Klimakrise, eine kleine Kulturgeschichte der Zoonose, des Überspringens von Viren von der Fauna auf den Menschen, und eine Aktualisierung von Lenins Frage: »Was tun?«. Lesenswert sind alle drei, interessant aber besonders der letztere. In einer dialektischen Volte eignet sich Malm die Formulierung von Emmanuel Macron vom »Krieg« gegen den Virus an. Wäre eine ähnlich schnelle und umfassende Mobilisierung nicht auch im Kampf gegen den Klimawandel nötig? Die Linke solle nach dem Staat greifen, so Malm, aber die Fehler der Vergangenheit (die CO2-Verbrennung von Roosevelts Krieg gegen die Nazis, das Autoritäre von Lenins Kriegskommunismus) vermeiden. Für Malm ist das die notwendige Bedingung, um den Klimawandel abzumildern. Aber wie sagt er selbst? Nur weil etwas notwendig ist, muss es nicht eintreten. Es liegt an uns.

Matthes & Seitz Berlin, 264 Seiten, 15 Euro