Stetig morphend

Ende Oktober im Park rund um das Fort X in der Nordstadt: Wir treffen Kesha­vara zum Interview. Keshav hat seinen musikalischen Partner Niklas Schneider mitgebracht, seines Zeichens Produzent und Schlag­zeuger.  


Für Keshavara habt ihr gerade den pop.NRW-Preis für den »Outstanding Artist 2020« gewonnen. War das ein Preis für das »Lebenswerk« von Keshav oder doch eher für die Entwicklung des letzten Jahres mit den vielbeachteten Theater-Shows »Kabinett der Phantasie«?

Keshav: Es gab schon das Gefühl, dass es nicht nur um das letzte Jahr ging, sondern auch die Entwicklung von Keshavara ausgezeichnet wur­de — vielleicht auch die Zeit davor.

Niklas: Man weiß natürlich nicht, was die Kriterien waren, aber dieser Preis hat sich schon klar an Keshav als Person gewandt. Die tolle Laudatio von Francis Gay von COSMO wies jedenfalls darauf hin.


Vor vier Jahren unterhielten wir uns über das Debüt-Album. Damals war es ganz klar ein Solo-­Projekt, auch wenn du bereits klar gestellt hattest: »Ich habe noch nie mit so vielen Leuten an einer Platte gearbeitet, wie an dieser.« Nun sitzt Niklas mit dir auf der Bank und es hat sich zu einem Zwei-Mann-Ding auf gleicher Augenhöhe entwickelt, oder?

Keshav: Ich würde sogar sagen, dass Keshavara ein stetig morphendes Kollektiv ist. Wir beide sind aber tatsächlich die Main-Protagonisten. Es gibt dazu die feste Besetzung mit Molto und Bene als Quartett — und das Kabinett mit neun Menschen auf der Bühne. Wir sind also kein Duo.


Wie kam es zu der Erweiterung?

Niklas: Also wir kennen uns von der Zeit mit Timid Tiger. Ich spielte live bei den Konzerten zum letzten Album. Und als »Keshavara« 2016 rauskam und es darum ging. eine Band für Live-Auftritte zusammen zu stellen, hat mich Keshav gefragt. Von da aus war der Schritt zu »Lass mal etwas zusammen im Studio machen« nicht so weit. Es hat sehr gut funktioniert.


Bei dir, Niklas, scheint sich in dem Zu­ge eine stete Weiterentwicklung des Schlagzeig-Vokabulars zu entfalten.

Niklas: Auf jeden Fall. Das Schöne an Keshavara ist, dass es so wahnsinnig facettenreich ist. Ich kann einerseits klassische Eighties-Simmons-Drum-Pads spielen, aber eben auch »Nicht-Westliche«-Percussions. Da kann man sich ausleben, wo es sonst meist Vorgaben gibt, mit denen man arbeiten muss.


Von den 10.000 Euro Preisgeld für den pop.NRW-Preis habt ihr angekündigt einen Musikfilm zu machen. War das spontan?

Niklas: Auch. Wegen Corona ist klar, dass wir das Kabinett erst einmal nicht so gut planen können. Also kam schon im Vorfeld die Idee, ob man sich dem nicht filmisch widmen kann. Eben nicht nur als Konzertfilm, sondern als szenischer Spielfilm.


Ihr testet gerne verschiedene ­Formate aus: Ihr habt eine pro­duzierte Musik-Show bei einem Online-Radio­­sender, Musikvideos, Singles, EPs, Alben, dazu die Theater-Revue. Wäre ein Film da nur ein logischer Schritt — oder schon der Olymp?

Keshav: Das ist schon sehr groß. Das ist aber auch der Reiz, sich dieser Aufgabe zu stellen. Man fragt sich: »Schaffen wir das überhaupt?«

Niklas: Ich finde die Vorstellung überwältigend.

Keshav: Aber deswegen ist das ja auch ganz gut.


Man sieht gewissen Enthu­siasmus in euren Gesichtern. Ihr habt da schon Lust drauf, das zusammen anzu­ge­hen. Was ist eigentlich der stärkste Einfluss, den ihr von dem anderen spürt?

Niklas: Ja, sich frei machen zu ­kön­nen und keine Scheu vor etwas Neu­em zu haben. Da wir auch manchmal zusammen auflegen oder aufgelegt haben: Da zeigt man sich Musik und lernt unglaublich viel vom anderen.

Keshav: Ganz nüchtern betrachtet: Es gibt sehr viel, was ich niemals angehen würde, weil ich sofort die Überforderung sehe. Niklas hat da eine bestimmte Ruhe und man geht dann Schritt für Schritt Dinge an. So wie jetzt beim Film.

Infos: de.wikipedia.org/wiki/Papercup_Records

papercuprecords.bandcamp.com