Wollen noch wachsen: Bambus Björn

Tanzen zu komplexen Gefühlen

Bambus Björn überraschen mit funky Deutschpop der jazzigen Sorte

Zugegeben — Kaltakquisen von Bands, die mich über Instagram kontaktieren, mit der professio­nell-höflichen Bitte, in eine Spotify-Playlist aufgenommen zu werden, wurden von mir bislang geflissentlich ignoriert. Bandname, »Bambus Björn«, und Songtitel,»Idiot«, machten mich diesmal aber doch hell­hörig, und siehe da: Ich wurde nicht enttäuscht.

Wie gut ist denn bitte diese Nummer? Ein lethargisch dahinplätschernder Slow-Funk mit müde groovender Bassline, angereichert durch glitzernde Keyboards und campy Retro-Synth-Fächen — und dazu eine Schlafzimmer-Stimme, die thematisch den Bogen spannt zwischen Slackertum und euphorisch-unglücklichem Verliebtsein. Mehr kann man von Pop ja eigentlich gar nicht verlangen.

Wer ist dieser Bambus Björn also? Wie sich auf Nachfrage herausstellt, nicht einer, sondern gleich drei 23-jährige Typen aus Klettenberg, die sich bereits vor fünf Jahren bei einem Proberaum-Jam gefunden haben: Luca Müller, der Corona-konform meine Fragen auf elektronischem Wege beantwortet, spielt Bass und singt, Tom Glaser spielt Schlagzeug und Leadsänger Nino Thiess ist auch noch für die Tasten zuständig.

Was nicht nur bei der Single »Idiot«, sondern auch bei dem im vergangenen Jahr veröffentlichen und zu großen Teilen rein instrumental angelegten Album »Disco Jürgen« auffällt, ist die versierte Leichtigkeit, mit der das Trio ans Werk geht. »Die Faszination für alles, was groovt und zum Tanzen anregt, verbindet uns drei definitiv«, bestätigt Luca Müller, »wenn ein Song dann mal mehr oder mal weniger gute Laune versprüht, dann ist das halt so.« Als reines Fun-Projekt möchte er Bambus Björn jedoch nicht verstanden wissen: » Wir verarbeiten eigentlich auch alle unsere — bisweilen —  komplexen Gefühle darin, Tanzen kann man auch, wenn man traurig oder nachdenklich ist!« Generell sollte sich Musik für ihn aber immer wie Urlaub anfühlen: »Man fängt an, sich in eine Richtung zu bewegen, und irgendwann ist man hoffentlich bereichert und mit Fernweh zurück in der Realität. ­Es ist sehr individuell, aber so lange unsere Musik in irgendeiner Form Leute bewegt — ruhig auch wortwörtlich — dann ist unser Ziel erreicht.«

Dabei hält sich die Band den kreativen Prozess sehr bewusst offen und setzt nicht auf starre Kompo­sitionsverfahren. Mal bringt einer ein Wohnzimmerdemo mit in den Proberaum, das mit neuen Ideen angereichert wird, dann wieder werden improvisierte Jams im Nachhinein noch einmal durchgehört und zu Tracks arrangiert. Oder es ist einfach eine funky Bassline, die die Sache ins Rollen bringt — so wie bei der diesen Monat erschienenen neuen Single »Company«, der man anhören kann, dass Bassist und Schlagzeuger ihre Instrumente auch im Jazzstudiengang ­an der Musikhochschule studieren. Konterkariert wird die sympathisch vermuckte Zappeligkeit der Musik durch den Text über einen depressiven Glückspilz, dem einfach nur mal ein wenig die Augen geöffnet werden müssen: »Warum lässt du immer deinen Kopf so hängen? Du weißt ganz genau, es geht nur bergauf!«

Auf Deutsch singen Bambus Björn übrigens noch gar nicht so lange, wie Luca erklärt: »Wir haben zu unseren englischen Songs immer das Feedback bekommen: Ich feier die Instrumentals! — und zu unseren deutschen: Ich feier den Text! Deshalb dachten wir uns einfach, dass wir die feierbaren Texte mit den feierbaren Instrumentals kombinieren — und feiern!« Dass die Band sich auf diese Weise weg von der typischen Musikhochschulcombo und hin zum funky Deutschpop-Act auf den Spuren von Bilderbuch oder auch den Kölner Kollegen von Golf entwickelt, tut der Sache nur gut. Das könnte noch groß werden!

Tonträger: Die Singles »Idiot« und »Company« sowie das Album »Disco Jürgen« sind bereits digital erschienen (bambusbjrn.bandcamp.com)