Macht die Drecksarbeit: »Schwarzer Block« im Stream, Foto: Ute Langkafel, Maifoto

100 Jahre Antifa

Das Maxim Gorki Theater zeigt Kevin Rittbergers Schwarzer Block im Stream

Ein positiver Aspekt sei der Pandemie abgerungen: Niemals zuvor war es so einfach, ein Stück jenseits der Stadtgrenzen zu sehen. Im Kölner Wohnzimmer läuft ein Stream von Kevin Rittbergers »Schwarzer Block« aus dem Maxim Gorki Theater. Rund 90 Minuten lang wird die Leinwand zu Guckkastenbühne, in der sich Zeit und Raum verschachteln. In der die Live-Aufnahmen, die nun nicht mehr live sind, auf die Wände im Großen Saal projiziert werden, den man doch nur durch die Linse der Kamera sieht. 100 Jahre Antifa, wie passend. Doch von vorne.

Lange hat Kevin Rittberger für das Stück recherchiert, hat Archive gesichtet, mit Aktivist*innen gesprochen und sich durch neofaschistische Literatur gequält. Herausgekommen ist eine 80 Seiten umfassende Textfläche, die in rasanter Geschwindigkeit —  und ebenso rasant inszeniert unter der Regie von Sebastian Nübling —

die Geschichte antifaschistischer Kämpfe collagiert. Gesichtsbandagierte, in Frischehaltefolie gewickelte Geister drängen aus der Vergangenheit, zum »Namedropping« der Stars und Sternchen der Antifa gesellen sich unbekannte Opfer, etwa Hermann Schnallnaß, der 1920 beim Kapp-Putsch auf den Barrikaden starb. Immer geht es um die Frage: Wie kam es, dass die Monstrosität des Faschismus nicht erkannt wurde, bevor es zu spät war? Und was bedeutet das für heute?

»Die Blutspur führt vom Kottbusser Tor über Frankfurt nach Halle, nach Hanau«, sagt einer der namenlosen Protagonisten, schwarze Jacke und rotes Dreieckstuch um den Hals, und wettert gegen die »Gesamtscheiße«. Auf dem Vorplatz des Theaters werden Bengalos gezündet, die teils vermummten Protagonist*innen sprechen abwechselnd, während sie sich dem Strahl eines Wasserwerfers entgegen stellen. Ein bisschen bemüht heroisch wirkt das, doch die Botschaft, die Rittberger in Interviews deutlich machte und für die er häufig kritisiert wurde, bleibt klar: Die Antifa mache für die schönen Stadtteile die Drecksarbeit und stelle sich Nazis entgegen, sagte er. Genauso steht es auch im Stück.

Doch wie militant darf eine Bewegung sein, im Kampf für eine gewaltfreie Welt? In »Schwarzer Block« bleibt diese Frage unbeantwortet, einzig ein Seitenspiegel einer vorüber fahrenden und natürlich zum Stück gehörenden AfD-Politikerin spricht für sich. Am Ende wendet sich die Kamera ab und läuft in das Kastanienwäldchen hinter der Neuen Wache, dem Denkmal für die Oper von Krieg und Gewaltherrschaft. Dann bricht der Stream ab: »Keine Verbindung« steht noch auf dem Bildschirm.

Nächster Stream auf dringeblieben.de, 16.12., ab 19.30 Uhr