Ganz ohne Strom geht’s doch nicht: Kundgebung gegen die Pläne der Rheinenergie am Alter Markt Anfang Februar

Frostiges Klima

Die Rheinenergie gerät beim Klimaschutz zunehmend unter Druck. Die Grünen halten sich zurück

Anfang Februar protestierten Umweltschützer auf dem Alter Markt gegen die jüngste Entscheidung des kommunalen Energieversorgers. Die Rheinenergie, die zu 80 Prozent der Stadt Köln gehört, hatte im November vergangenen Jahres eine verstärkte Kooperation mit Westenergie, der größten Tochtergesellschaft des Energiekonzerns Eon, angekündigt. Man wolle die »dynamische rheinische Region weiter stärken«, teilte die Rheinenergie mit. Kritiker fürchten hingegen eine Schwächung: Die Stadt könnte Einfluss auf ihr Energieunternehmen verlieren.

Teil des Deals ist, dass die Westenergie ihre Anteile an der Rheinenergie »moderat erhöht«. Anfangs wurden 25,1 Prozent kolportiert — womit Westenergie eine sogenannte Sperrminorität besäße und etwa Investitionen in den Umbau der Rheinenergie zu einem klimaneutralen Unternehmen bremsen könnte. Tatsächlich aber steht wohl nur eine Erhöhung auf 24,9 Prozent im Raum. Doch auch damit steigt der Einfluss des Energieriesen Eon.

Das wollen nun mehrere Initiativen verhindern, darunter Attac und Greenpeace, die die Demonstration am Alter Markt unterstützten. »Was sind denn die Vorteile, wenn Westenergie mehr Anteile an der Rheinenergie erwirbt? Darauf gibt es bisher keine Antwort«, sagt Claudia Mayer von Greenpeace Köln. Dort befürchtet man, dass »mit einer Anteilserhöhung weitere Gewinne der Rheinenergie an die Aktionäre der Westenergie gehen, anstatt in unseren Stadthaushalt und in den Ausbau von Erneuerbaren Energien, den wir dringend brauchen«.

Die Zweifel, dass die Rheinenergie überhaupt vorbereitet ist, den Umbau auf Klimaneutralität zu schaffen, wachsen. Bei der Ausschreibung für den neuen Stromliefervertrag der Stadt Köln ging man vor kurzem leer aus. Ausschlaggebend waren Klimaschutz-Vorgaben, die der Rat Mitte 2020 beschloss. Demnach muss der Strom für die städtischen Institutionen nun komplett aus Erneuerbaren Energien stammen. Den Zuschlag erhielt Lichtblick aus Hamburg. Das Unternehmen, das zum Mitsubishi-Konzern gehört, war günstiger und beliefert zunächst bis Ende 2023 die städtischen Behörden, Kulturinstitutionen, Schulen und Kitas mit Ökostrom. Der Umsatzverlust betrage durch die Schlappe etwa ein Prozent, teilt Rheinenergie mit. Allerdings steht auch Lichtblick in der Kritik, weil der Konzern mit Öko-Zertifikaten und sogenanntem Grauen Strom handle, statt selbst ökologisch zu produzieren.

Nach den Protesten haben sich die Stadt Köln, die Initiative Klimawende Köln und die Rheinenergie nun darauf verständigt, sich über eine klimaneutrale Energieversorgung in Köln auszutauschen. Die Beteiligten wünschten sich, die Energiewende gemeinsam und konstruktiv voranzubringen, heißt es. Man kann es auch deutlicher ausdrücken: Die Rheinenergie muss zum Rapport.

Die Initiative für die Treffen ging von den Grünen im Stadtrat aus, sie waren durch die Klima-Aktivisten unter Druck geraten, weil sie als Wahlsieger und stärkste Fraktion im Rat beim Thema Klimaschutz bislang zögerlich waren. Außerdem haben die Grünen in den Kooperationsverhandlungen für ein neues Ratsbündnis ausgerechnet dem Kölner CDU-Chef Bernd Petelkau den Aufsichtsratsvorsitz bei der Rheinenergie überlassen. Der begrüßt nun prompt den Deal mit Westenergie. Die Skepsis ist auch deshalb groß, weil Petelkau und die Kölner CDU klimapolitisch bislang kaum in Erscheinung getreten sind.

»Wir hoffen, dass die Grünen als stärkste Fraktion im Stadtrat ihre Wahlversprechen einhalten«, sagt Claudia Mayer von Greenpeace. »Sie haben sich vor der Kommunalwahl für eine klimaneutrale Stromversorgung bis 2030 ausgesprochen, daran werden sie sich messen lassen müssen.« Wohl noch vor der Sommerpause wird auch das Bürgerbegehren von Klimawende Köln im Rat zur Abstimmung gebracht. »Dann wird sich zeigen, ob es den Grünen gelungen ist, dafür eine politische Mehrheit zu organisieren«, so Mayer.

Nicht nur die Rheinenergie steht unter Druck, auch die Grünen im Stadtrat. Während der Proteste Anfang Februar auf dem Alter Markt ergriff die Linke in der Ratssitzung die Initiative. Sie beantragte, dass die Rheinenergie öffentlich machen solle, wie sich das Verhältnis von fossiler zu Erneuerbaren Energie im Unternehmen entwickle. Bislang wurde den Ratsausschüssen bloß die Menge Erneuerbarer Energien genannt — anders als bereits 2017 vom Rat beschlossen. Ein Änderungsantrag wurde von der Linken mit Grünen, CDU, SPD und FDP beschlossen.

Ein Gesamtkonzept zur klimapolitischen Wende ist nicht in Sicht. Die Rheinenergie hat zwar eine »Klimaschutz-Roadmap« vorgelegt. Das Ziel, klimaneutrale Energieerzeugung für Haushalte und Industrie bis 2040, ist aber weder klimapolitisch ambitioniert noch mit konkreten, verbindlichen Maßnahmen verknüpft. Würde der Umbau der Rheinenergie aber mit Investitionen und kurzfristigen wirtschaftlichen Verlusten einhergehen, könnte das den Klimaschutz an anderer Stelle bremsen. Die Rheinenergie trägt im Stadtwerkekonzern mit ihren Gewinnen etwa dazu bei, Verluste der KVB auszugleichen. Auch die KVB, durch die Corona-Pandemie zusätzlich angeschlagen, steht angesichts des Klimaschutzes vor großen Aufgaben.