Kein Kind allein: Wegbegleiter für Heimkinder, Foto: pixabay

Ein Leben lang

Andreas Wübben vom Verein »Kölner Kreide­­kreis« begleitet einen Jungen, der im Heim lebt

Herr Wübben, mit Ende Vierzig sind Sie noch einmal Vater geworden. Kann man das so sagen?

(lacht) Nein, das ist so nicht ganz richtig. Mein Junge und ich haben eine enge und sicher auch verbindliche Beziehung zueinander, aber den Vater kann und will ich für ihn nicht ersetzen. Zum ersten Mal getroffen haben wir uns erst vor einem Jahr, da war er schon zwölf. Und hatte bereits eine be­­weg­­te Geschichte hinter sich. Es war klar, dass er vor allem einen Men­schen braucht, der für immer bei ihm bleibt. Und das möchte ich nun gerne sein, solange er das auch wünscht.

Wie sind Sie denn darauf gekommen, eine Patenschaft für ein Heimkind zu übernehmen?

Ich habe im Sommer 2019 in einem Zeitungsartikel vom Verein »Kölner Kreidekreis« erfahren und mich sofort angesprochen gefühlt. Mein Partner und ich haben uns gegen eine Pflege oder Adoption entschieden, daher habe ich mich dort für eine ehrenamtliche »Wegbegleitung« gemeldet. Nach einigen Seminaren, in denen man auf diese Aufgabe vorbereitet wird, war es dann endlich soweit: Der Verein rief mich an und sagte: »Wir haben da einen Jungen, der würde sie gerne einmal kennenlernen. Das war ein toller Augenblick, den ich so schnell nicht vergessen werde.

Und wie war dann das erste Treffen?

Das war ein sehr rührender Moment. Mein Junge hat Schwierigkeiten, sich auf Erwach­se­ne einzulassen — bis heute. Der Eisbrecher zwischen uns war ein »Was ist was«-Buch, das ich mitgebracht hatte. Wir haben uns das Buch gemeinsam angesehen und uns darüber unterhalten. Seitdem besuche ich ihn jede zweite Woche im Heim und wir unternehmen schöne Dinge, irgendwann wird er dann auch einmal bei uns das Wochenende verbringen, wenn er dazu Lust hat.

Was sollte man für eine Patenschaft mitbringen?

Viel Geduld und die Stärke, auch mal schwierige Situatio­nen auszuhalten. Die Kinder sind häufig traumatisiert, da kann es schon mal passieren, dass sie die Nerven verlieren. Und nichts wäre dann schlimmer für sie, als wenn man sagt: »Ach, das ist mir jetzt zu kompliziert. Ich lass das doch lieber.« Aber es ist eine sehr schöne Erfahrung. Mein Junge fragte mich neulich, ob ich jetzt für immer bei ihm bleibe. Diese Verantwortung für einen anderen Menschen zu spüren, ist wunderschön.

Der Verein »Kölner Kreidekreis« freut sich über Unterstützung in Form von Mitgliedschaft, Spenden — oder durch Menschen, die selbst gerne Wegbe­­­glei­­ter*In­nen werden möchten. Infos unter koelnerkreidekreis.de