Kompliziert, aber zumindest keine Spaßbremese: Fahrplan für Konzerte

Was ist die Matrix?

Das Forum Veranstaltungswirtschaft hat ihr »Manifest Restart« vorgestellt

Die Veranstaltungsbranche steht weiter still. Doch viele kluge Köpfe befassen sich damit, wie es weitergehen soll: nicht erst nach der flächendeckenden Impfung, sondern jetzt schon. Denn Kultur muss auch während der Pandemie stattfinden können.

Mit Spannung verfolgte (nicht nur) die Branche am 10. Februar die Pressekonferenz zum »Manifest Restart«. Die Wirtschaftsverbände der Veranstaltungswirtschaft präsentierten ein Konzept für neue Bewertungskriterien zur sicheren Durchführung von Veranstaltungen, selbst in Pandemiezeiten. Damit werden der Bundesregierung konkrete Lösungsvorschläge angeboten, um bundeseinheitliche Regelungen zu treffen, die endlich wieder menschliche Begegnungen und Kultur erlebbar machen sollen.

Während eine Milliarde Euro Hilfsgelder in den Kultursektor fließen (sollen), ist ein Großteil davon für den Erhalt der kulturellen Infrastruktur während des Stillstands verplant. Das »Manifest Restart« hingegen fordert, Events weiterhin stattfinden zu lassen und die Fördergelder lieber direkt in die Mehrkosten eines Corona-gerechten Veranstaltungsbetriebs zu stecken. Denn eine Veranstaltung mit reduzierter Besucherzahl und aufwändigen Hygiene-Konzepten sowie Immunitäts-Checks und Schnelltests bringt enormen logistischen Aufwand mit sich.

Die sichere Durchführung von Veranstaltungen ermöglichen soll die sogenannte Veranstaltungsma­trix. Aus dieser ergibt sich, wer unter bestimmten Umständen was darf, und was jeweils erlaubt oder vorgeschrieben ist. Der Clou an der Sache: Veranstalter können sich vorab für ein bestimmtes Schutz-Maßnahmen-Paket entscheiden, das dann je nach aktuellem Infektionsrisiko unterschiedliche Auflagen vorsieht.

Damit will man dem dynamisch verlaufenden Pandemie-Geschehen aktuell und angemessen gerecht werden. Bislang wurde auf Entwicklungen der Infektionszahlen nur verzögert und länderspezifisch reagiert. Manches war erst erlaubt, wurde dann wieder verboten; Unsicherheit und Verwirrung, Unmut bei Veranstaltern die Folge.

Die neue Veranstaltungsmatrix unterscheidet sechs Risikostufen, je nach 7-Tages-Inzidenzwert der Neuinfektionen. Was dann jeweils möglich ist, richtet sich nach dem vom Veranstalter gewählten Maßnahmenpaket. Das Paket A enthält nur allgemeine Hygieneregeln, erachtet deshalb nur stark reduzierte Besucherkapazitäten bei geringer Risikostufe zulässig; im Paket B werden besondere Infektionsschutz-Konzepte vorausgesetzt, mit denen ein Betrieb von Veranstaltungsstätten (bei unterschiedlich stark reduzierten Kapazitäten) trotz mittleren Infektionsraten möglich wäre; zuletzt sieht das Paket C umfassende Tests oder Immunitätsnachweise aller Besucher vor, was selbst während der Pandemie Events mit voller Regelkapazität erlauben würde.

Dieser Bezug auf Impf-, Immunitäts- oder Testnachweise ist in Deutschland nach wie vor ein Novum, denn hierzulande wird überraschend wenig getestet. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten fordert dagegen die Umsetzung »nachhaltiger Teststrategien«, da sie die Auswirkungen der Pandemie verringerten und gleichzeitig dazu beitrügen, dass »Gesellschaften und Volkswirtschaften weiterhin funktionieren können.« Anfang Februar rangierte Deutschland noch auf Rang 23 von 30 der Testraten innerhalb der europäischen Wirtschaftszone.

Außerdem erinnert das Manifest an die nötige Quarantänebefreiung von Künstlern auf »Dienstreise«. Was für Profisportler schon länger der Fall ist, müsste auch für international auftretende Künstler, wie es etwa tourende DJs sind, gelten.

Input zu den Neustartplänen gab es auch von der Berliner Clubcommission. Seit März 2020 arbeitet man dort im Arbeitskreis »Exit-Strategien« an Plänen und Maßnahmen. Johannes Grüß, Projektleiter der Clubcommission, ist zuversichtlich, dass zumindest die grundsätzliche Logik dieses Plans in der Diskussion berücksichtigt wird. Als Gesellschaft müssten wir lernen, mit solchen Bedrohungen zu leben. Eine Stellungnahme der Bundesregierung zum Plan gibt es momentan nicht. »Ohne diesen Vorschlag wären wir weiter in der Ungewissheit. Für viele Menschen steht nicht nur ein Job oder ein Projekt auf dem Spiel, sondern der ganze Lebensentwurf«, gibt Grüß zu bedenken. Ob man in 2021 mit einer Rückkehr zu Normalität rechnen dürfte, ließe sich momentan nicht beurteilen. »Denn viel hängt von der allgemeinen Gesundheitslage ab, gerade was Impfungen und Verfügbarkeit von Schnelltests betrifft. Vielleicht gehört Schnell­testen bald zu unserem Alltag wie Fahrrad fahren oder spazieren gehen.« Trotzdem sieht er der Zukunft positiv entgegen: »Ich bin recht optimistisch und glaube, dass wir die besten Zeiten der Clubkultur noch vor uns haben. Wir treffen täglich so unglaublich kreative und inspirierende Menschen in unserer Szene, dank Digitalisierung sind wir weltweit vernetzt und viele nutzen diese Monate für neue ­Projekte und Musikproduktionen.« Insofern stimmt die Liedzeile: »Es wird immer weitergehen …« Musik und Clubkultur werden als Träger von Ideen erhalten bleiben.

Info: forumveranstaltungswirtschaft.org