Klärschlamassel: Kraftwerk der Rheinenergie in Merkenich

Phosphor- und Nachteile

In Merkenich soll bald Klärschlamm verbrannt ­werden. Den Anwohnern stinkt’s

In Merkenich gibt es dörfliche Strukturen, alte Höfe, einen Naturwald, die Rheinauen. Aber es gibt auch ein Umspannwerk, die Großbaustelle Leverkusener Brücke, den Chemiegürtel in Sicht (und manchmal in der Nase), und nicht zuletzt das Braunkohlekraftwerk der Rheinenergie. Dieses könnte der verbliebenen Idylle bald mit etwas Neuem zusetzen: Auf dem Gelände des Heizkraftwerks der Rheinenergie, das noch bis 2025 mit Braunkohle betrieben wird, soll ab 2028 Klärschlamm verbrannt werden — also das, was in den Kölner Toiletten heruntergespült wird.

Dem Bürgerverein Merkenich stinkt das — wegen möglicher Geruchsbelästigung und weil mehr Verkehr durch Merkenich führen könnte, bis zu 11.000 LKW-Fahrten im Jahr, vermutet die Initiative. Sie hält die Wahl des Standorts für nicht begründet und hat eine Online-Petition aufgesetzt. Es drohe eine »nicht akzeptable Umwelt- als auch Gesundheitsbelastung«. Die Belastungen des Kölner Nordens seien ohnehin schon hoch. Allein drei Müllverbrennungsanlagen stehen in der Umgebung, dazu eine Reihe sogenannter Störfallbetriebe auf beiden Seiten des Rheins. Dass jetzt auch noch Klärschlamm hinzukommt, liegt an einem Bundesgesetz. Es regelt, dass im Klärschlamm enthaltener Phosphor ab 2029 zurückgewonnen werden muss – ökologisch durchaus sinnvoll. Bislang wird der Kölner Klärschlamm in den Braunkohlekraftwerken im Rheinischen Revier verbrannt. Köln hat also ein Klärschlamm-Problem. Merkenich soll es lösen.

Gerd Brust von den Grünen, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Kölner Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln (AVG) sowie Mitglied im Verwaltungsrat der Stadtentwässerungsbetriebe (StEB), hält die Sorgen vor mehr Verkehr und Gestank für unbegründet. Der Standort sei der bestmögliche, so Brust. Aus dem Großklärwerk in Stammheim könne Klärschlamm direkt per Rohrleitung unter dem Rhein nach Merkenich transportiert werden. Dadurch fielen in Stammheim rund 4800 LKW-Fahrten jährlich weg. »Eine Entlastung für ganz Köln«, sagt Brust. Weiterer Klärschlamm käme per Schiff und nur ein Teil per LKW aus Langel, Rodenkirchen oder dem Umland. Gestank schließt Brust auch aus: »Der wird quasi mitverbrannt.« Einen weiteren Vorteil sieht Brust: Das Kraftwerk in Merkenich verbrennt nur noch bis 2025 Braunkohle. Ab 2028 könne die Verbrennung des Klärschlamms dann Fernwärme erzeugen. »Das ist der Einstieg in Fernwärme aus Erneuerbaren Energien«, so Brust.

Am 6. Mai soll der Stadtrat der Gründung einer Gesellschaft für das Projekt zustimmen. Die Bürgerinitiative in Merkenich zeigt sich trotz einer Infoveranstaltung der StEB nicht überzeugt und kündigt weitere Proteste an.