Genau hingeschaut: Im Rhein schwimmt nicht nur Wasser, sondern auch unzählige Partikel von Mikroplastik, Foto: Oliver Tjaden / Greenpeace

Fluss mit P

Der Rhein weist eine hohe Konzentration von Mikroplastik auf — Greenpeace schlägt nun Alarm

»Man sollte ohnehin nicht im Rhein schwimmen, aber mittlerweile würde ich auch nicht mehr im Rhein schwimmen wollen«, sagt Daniela Herrmann. Im vergangenen Herbst war die Campaignerin von Greenpeace Deutschland mit dem Forschungsschiff Beluga II drei Wochen lang auf dem Rhein unterwegs. Zwischen Duisburg und Koblenz nahm die Umwelt­organisation Wasser­proben, um heraus­zufinden, wie viel sogenanntes primäres Mikro­plastik im Rhein schwimmt, das mit bloßem Auge kaum oder gar nicht zu sehen ist. Selbst die größten Partikel sind nur wenige Millimeter klein. Mikroplastik gelangt in die Nahrungskette, wenn Tiere es aufnehmen.

Greenpeace entdeckte, dass in jeder der über 250 Wasser­proben, die man aus dem Rhein entnahm, Mikro­plastik war. Auch in zwei 24-Stunden-Probe­reihen, bei denen in der Nähe der Industrie­parks Krefeld-Uerdingen und Dormagen jeweils einen Tag stündlich Wasser­proben entnommen wurden, fand sich Kleinst­plastik in jeder Messung. »Es gibt keine Zeit am Tag, in der kein Mikroplastik im Rhein schwimmt«, so Herrmann. »Das ist beängstigend. Es zeigt, wie verschmutzt der Rhein dauerhaft ist.« Die höchste Konzentration in einer einzelnen Probe stellte Greenpeace in Köln fest — nach einem Starkregen zwischen Deutzer Brücke und Hohenzollern­brücke. »Wir gehen davon aus, dass Regen die Verunreinigungen in den Rhein einträgt«, sagt Herrmann. Aus der Sicht von Greenpeace geht von Mikroplastik in fließenden Gewässern eine besondere Gefahr aus. »Das Problem bei Flüssen wie dem Rhein ist: Alles, was man dort an Mikro­plastik findet, wird in Richtung Nordsee gespült. Man kann nicht sagen, wo einzelne Partikel am Ende Mensch und Umwelt schaden.«

Die Umwelt­organisation fordert, dass mehr unternommen wird, um zu verhindern, dass Mikroplastik in fließende Gewässer wie den Rhein eingetragen wird. Aber wie kommen die kleinen Kunst­stoffe überhaupt ins Wasser? »Wir haben einige Annahme, etwa dass die Partikel durch industrielle Prozesse oder Abwasser in den Rhein gelangen«, sagt Herrmann. So fand Greenpeace etwa an der Kaimauer in Niehl, einem Umschlag­platz für Kunststoff­produkte, der von mehreren Unter­ nehmen genutzt wird, Granulate von Mikroplastik. Greenpeace geht davon aus, dass Granulate beim Transport oder Verladen verloren gehen. »Wir wollen niemandem Fahr­lässigkeit unterstellen, aber man sollte sicher­stellen, dass das gerade in Ufernähe nicht passieren kann.«

Ein Appell, der sich nicht nur an die Industrie richtet. »Kommunen sollten sicherstellen, dass sie sich nicht mitschuldig machen, und den Ursachen nachgehen«, so Herrmann. »Erst recht in einer Stadt wie Köln, für die der Rhein auch einen symbolischen Wert hat.« Die zuständige Stelle in Köln ist die Bezirks­regierung. Zwar führe man selbst keine Messungen durch, weil es keine anerkannten und zugelassenen Mess­verfahren und auch keine Grenz­werte gebe, teilt die Behörde mit. Doch habe man schon in den vergangenen Jahren den Dialog mit Unter­nehmen aufgenommen. »In Kürze wird die Bezirks­regierung Köln geeignete Probe­annahme­stellen von Einleitungen an Standorten mit Kunststoff­produktionen zur konkreten Quellen- und Ursachen­ermittlung festlegen.« Hierzu werde ein Untersuchungs­programm konzipiert, parallel mit den Kunststoff­produzenten mögliche konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von Gewässer­verunreinigungen erörtert. Aus Sicht von Daniela Herrmann drängt die Zeit: »Man muss den Hahn zudrehen, bevor die Badewanne irgendwann überläuft.«