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Null Müll

Köln soll eine »Zero Waste City« werden. Was bedeutet das?

Wovon man spricht, wenn man von »Zero Waste« spricht, muss Malte Haas regelmäßig erklären. »Zero wird manchmal missverstanden«, sagt der Vorstand von Zero Waste Köln. »Es geht nicht darum, schnell auf null zu kommen. Der Weg zur Null ist das Ziel.« Der Kölner Verein setzt sich seit mehreren Jahren für Müllvermeidung ein. Im Mai feierte Zero Waste Köln den bisher wichtigsten Tag seines Bestehens: Der Rat der Stadt Köln stimmte dem Antrag von Grünen, CDU und Volt zu, ein Zero-Waste-Konzept für Köln zu erarbeiten. »Wir haben auf diesen Beschluss hingearbeitet«, sagt Haas.

Wenn man die Null in Zero Waste nicht wörtlich nehmen soll, was bedeutet es dann, eine Zero-Waste-Stadt werden zu wollen? »Um Zero Waste City zu werden, muss sich eine Stadt darauf committen, Ressourcen zu schonen«, sagt Malte Haas. In Köln soll die Verwaltung bis Ende 2022 erarbeiten, wie das aussehen kann. Das Konzept soll »verbindliche Ziele und Maßnahmen benennen«, heißt es im Ratsbeschluss. Köln kann dafür auf Ideen zurückgreifen: In Europa gibt es mehr als 400 Zero-Waste-Städte, die von der Dachorganisation »Zero Waste Europe« anerkannt sind. Die erste war Capannori in der Toskana. »In Deutschland hat man das Thema erst spät erkannt«, sagt Haas. »Aber mittlerweile machen sich immer mehr Städte auf den Weg.« Vorreiter ist Kiel, wo man gerade beginnt, sein Konzept umzusetzen.

»Die Aufgabe an die Stadt Köln ist jetzt, sich die Situation hier anzuschauen und individuell zu bewerten«, so Haas. Die Voraussetzungen seien in jeder Stadt anders. In Kiel hat man sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 die Gesamtabfallmenge um 15 Prozent und die Haus- und Geschäftsabfälle um 50 Prozent zu senken. Dazu sind verschiedene Maßnahmen notwendig. Welche das in Köln sein könnten? Zero Waste Köln und seine 70 Mitglieder haben Ansätze erarbeitet. »Wir haben eine tolle Kompostieranlage, aber in der Innenstadt sind zum Beispiel nur fünf Prozent der Haushalte über eine Biotonne ans System angeschlossen«, erklärt Haas. Zero Waste Köln möchte zudem beim Konsum ansetzen. Man stellt sich vor, dass in Bürgerzentren mehr Geräte und Werkzeuge geliehen, getauscht oder repariert werden oder dass man den Verkauf von Gebrauchtwaren fördert. Haas nennt als Beispiel die »NochMall« in Berlin, ein Kaufhaus für ge­brauchte Gegenstände. Zudem gibt es Köln mit Vytal und Recup etablierte Systeme, um das Müllaufkommen in der Take-away-Gastronomie zu senken. Zwar steht für die Organisation fest, dass die Bürger mitgenommen werden müssen, um Spaß an der Müllvermeidung zu bekommen. Dass die Stadt und ihre Tochterunternehmen als Vorbild voranschreiten müssen, ist für Zero Waste Köln aber unerlässlich. Der Verein hofft, sich in die Arbeit am Kölner Zero-Waste-Konzept einbringen zu können.

Geht das Zero-Waste-Konzept auf, bietet das für Köln viele Potenziale: Seit Jahren ist Müllvermeidung ein populäres Thema, viele Menschen haben ein Bewusstsein für das Problem gewonnen. Doch steigt das Aufkommen an Müll und Abfall kontinuierlich, auch in Köln — und damit auch Arbeit und Kosten für die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) und die Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG), die städitschen Entsorgungsbetriebe. »Bei der AWB hat man längst eingesehen, dass es in der Abfallwirtschaft viel stärker darum geht, Abfall zu vermeiden als Abfallströme zu lenken«, sagt Haas. In der sogenannten Abfallhierarchie steht die Abfallvermeidung ganz oben — vor Wiederverwendung, Recycling und Beseitigung.