Nach Hause kommen und Musik machen: Safe Space Records

Ein sicherer Hafen

Das Kölner Label »Safe Space Records« produziert kunstvoll Musik ohne Masterplan

Als letztes Jahr im März die Clubs pandemiebedingt schließen mussten, konnte noch keiner ahnen, wie lange dieser Zustand anhalten wür­de. Dennoch erkannten einige ge­wief­te Menschen, dass es ganz ohne (Club-)Kultur eben nicht gehe. Sie entwickelten verschiedene Strea­ming-Angebote, unter denen #dringeblieben in Köln das prominenteste sein dürfte. Ein damals gerade erst aus der Taufe gehobenes Label ist einen ähnlichen Weg gegangen und hat den »Club Safe Space« konzipiert: Eine quirlige Streaming-Party, die es zwischenzeitlich auch nach Berlin und England verschlagen hat. Alles möglich, wenn man nicht am gleichen Ort, sondern nur zur gleichen Zeit auftauchen muss.

Die Online-Veranstaltungen wur­den zum Geheimtipp der Stadt. Wer cool war oder sein wollte, der schaltete sich zur Hip-Crowd dazu. »Meines Erachtens war das damals ein mutiger Move von uns«, so Anchi Trinh. Trinh, die man in Köln auch als ehemaligen Teil des Projekts Hall und Rauch kennt, ist eine der Gründer des Labels — und erzählt wie die Online-Feste dem Label nicht den Rang abliefen, sondern ordentlich Vorschub leiste­ten: »Durch diese Par­tys haben wir enorm viele Menschen, Küns­tler*in­­nen, Musi­ker*in­nen kennen gelernt. Leute mit denen wir halt auch in Zukunft gerne zu­­sam­­men arbeiten wollen und werden.«

Bestes Beispiel ist wohl Savannah Eisert. Die als Savsannah auflegende DJ, war nicht nur der allererste Gast der Partyreihe, sondern gehört mittlerweile zum Label dazu. An ihrer Seite die Gründer*innen Johannes Hoffmann und Anchi Trinh. Die bfeiden kennen sich vom gemeinsamen Studium an der Kunst­hochschule für Medien (KHM). Dort hatten sie schon 2019 den Entschluss gefasst, ein eigenes Label auf die Beine zu stellen; im Februar 2020 war dann auch alles angemeldet — und dann kam bekanntlich Corona. Trotz des gemeinsamen Studiums an einer Kunsthochschule möchte man das Safe Space Records nicht als »Artschool«-Label verstanden wissen. Sicherlich nehme das jeweilige Studium Einfluss auf die gemeinsame Arbeit; das sei es aber auch schon. Man nehme weder Mittel in Anspruch, noch speise sich das Roster aus Künstler*innen der KHM im Georgsviertel.

Indes zeigt sich am Beispiel der ersten Veröffentlichung, des Tapes »Music For Safe Spaces«, einiges an Gestaltungswille. Aus ihrer Haut kann und möchte man dann wohl doch nicht raus (was ja nicht problematisch sein müsste). Hier macht es einiges her: Die Kassette ist transparent, die Hülle genauso. Es scheint sich fast um eine kristalline Struktur zu handeln. Also doch ein Kunstobjekt? Nein, die Musik steht schon im Vordergrund. Das liegt auch daran, dass sich beim Label niemand als Record Executive oder ähnliches verstehe, sondern vor allen Dingen als Musiker. Trinh hat selbst an der Kassette mitgearbeitet. »Ich war zu Beginn der Pandemie in Berlin und konnte mit den beiden anderen Musikern die Veröffentlichung nur via Online-Funktion der Produktions-Software fertigstellen.« Das bremste den Releaseplan aus, und so eröffneten sie kurzerhand den Online-Club.

Ob der krautige und ambiente Sound der Kassette repräsentativ für das Label sei? »Unsere nächste Veröffentlichung ist die Niederlände­rin Liza Dries. Die macht etwas ganz anderes.« Tatsächlich spielt die Wahlkölnerin wunderbar modernen Pop — hier ein letztes Mal in ihrer Muttersprache: »Neuere Produktionen sind auf Englisch. Aber uns hat der andere Sound der Sprache gut gefallen.« Zu dieser Veröffentlichung ist indes kein Tonträger geplant. Man wolle zwar versuchen, möglichst häufig auf physikalische Veröffentlichungen zu setzen — gleichzeitig dürfe man Safe Space Records jetzt nicht mit einer großen Wirtschaftlichkeit belasten. Geld sei jedenfalls erstmal keins da. So gehe man in Zukunft womöglich alternative Wege: Von weiteren Tapes bis hin zum 3D-gedruckte USB-Stick sei alles möglich. Nach einiger Zeit adressieren wir auch den sprichwörtlichen »Elefanten im Raum«: Wie kommt es zum Labelnamen? Steckt Aktivismus dahinter? Sicher wisse man über die politische Konnotation, aber die sei nicht zentral. »Safe Space ist für uns die Musik selbst. Wenn man früher nach der Schule nach Hause kam und Musik ge­macht hat: Das war der Safe Space.«

Ein Heimathafen, eine Wohlfühlzone — ein Ort an dem man so sein kann, wie man möchte. Einen Masterplan darüberhinaus bracuht man nicht zu suchen, Labelentscheidungen sind eher vom Gefühl getrieben: Trinh benutzt beispielsweise gleich dreimal innerhalb von einem Satz das Wort »berühren« als es um die Musik des Labels geht. Berührend ist auch der geplante dritte Release, der schon im Laufe des kommenden Monats kommen soll: »Bisschen Zeit« von Alice907 — waschechter Cloud-Rap à la Wandl. Hip, cool, aber auch irgendwie melancholisch. Weitere Veröffentlichungen für 2021 sind in Planung.

»Wir wollen daneben noch mit unserer Party-Reihe weitermachen. Wir sehen uns zwar nicht als Veranstalter, aber wollen auch nach Coro­na mit der Community in Kontakt bleiben«, dementsprechend sollen zukünftige Partys dann hybrid stattfinden — off- und online. Wie genau, werde man dann sehen müssen, aber das sei der unbedingte Anspruch. Trinh ist optimistisch: »Wir sind nicht an einen Ort gebunden. Safe Space Partys können überall stattfinden.«

Info: soundcloud.com/safe-space-records