Foto: Jürgen Bester

Verborgene Nähe

Haus Schlangeneck zeigt die geglückte Liaison von Fotografie, Malerei und Natur

Wer aus dem rund fünfzig Kilometer entfernten Köln hierher reist, wird im Ausstellungsraum der Euskirchener Galerie Haus Schlangeneck nicht nur Kunst sehen. Er wird auch und immer wieder durch die gläserne Tür in den großzügigen Garten schauen. Zu verlockend ist der Blick in dieses von alten Bäumen eingefasste große Sommergrün, die betörende Balance von akzeptierter Wildnis und ihrer freundlich-klugen Kultivierung durch die Hausherren und Galeristen Helmut Doll und Frank Gunzelmann. Mit Glück hört man hier auch Nachtigallen.

Haus Schlangeneck — der Name ist älter als die Galerie — klingt nach raumreichem Gutshof, tatsächlich aber ist es ein übersichtlich dimensioniertes, vermeintlich unspektakuläres Ensemble: Ein 2008 entstandener Anbau, der eigentliche Ausstellungsbereich, umschließt teilweise ein älteres Gebäude. Es handelt es sich um den 1930 für eine Weltausstellung hergestellten Prototyp eines Fertighauses. Damals erwarb es ein Arzt und ließ es bei Euskirchen wiedererrichten. Bestens renoviert präsentiert es sich als äußerst seltenes historisches Exemplar dieser erfolgreichen, folgenreichen Bauweise.

Seit 15 Jahren finden hier hochkarätige, vor allem der Kunst der Gegenwart gewidmete Ausstellungen statt, »physis« lautet der Titel der aktuellen Doppelschau. Bedeutungen wie Natur, natürliche Beschaffenheit und Entstehung sind mit diesem schillernden altgriechischen Begriff verbunden. Merkwürdig genau fasst er, was die Farbfotografien von Simone Nieweg (*1962, Düsseldorf) mit Christine Reifenbergers (*1964, Köln) Farbenmalerei über alle offensichtlichen Unterschiede hinweg verbindet. Sofort deutlich werden die abstrakten Qualitäten der Aufnahme eines sommerlichen Birkenwaldes durch die Nachbarschaft eines von fleckigem Helldunkel dominierten Papierobjekts — Christine Reifenberger formt, faltet, dellt und fleddert das von Farbe überflossene und getränkte Papier. Zugleich wird durch das Waldlandschaftsbild die verborgene Naturnähe der abstrakten Malerei erkennbar.

Die Möglichkeiten des Lichts, die Reize des Taktilen und die Formen der Raumbildung sind andere Aspekte dieses Zusammenspiels. Ein weiterer ist Farbe. Niewegs Aufnahmen von Wäldern und Bäumen übersetzen die Farben der Natur in nuancierte Bilder, während Reifenbergers Malerei von der unerschöpflichen Natur der Farben handeln. Der Blick in den Garten wird ein anderer, gilt etwas anderem.

Galerie Haus Schlangeneck, Schweizer Straße 41, 53881 Euskirchen-Schweinheim, Di–Sa 11–18 Uhr, bis 25.9., Sommerpause im August