Erst rollen die Bagger, dann wieder Rennräder: Das künftige »Albert-Richter-Velodrom« in Müngersdorf wird bald umgebaut

Sieg auf der Zielgeraden

Das neue Radstadion in Müngersdorf soll nach dem ermordeten Albert Richter benannt werden

»Sein Name ist für alle Zeiten in unseren Reihen gelöscht.« Mit einem Satz in der Zeitung des ­Deutschen Radfahrer-Verbands wollten die Nazis den von der Gestapo ermordeten Kölner Radsportler Albert Richter 1940 aus dem kollektiven Gedächtnis tilgen. Dagegen kämpfen seit den 90er ­Jahren Kölner Initiativen. Nun haben sie ihren größten Erfolg erzielt: Eine Multifunktionsarena, die bis Ende 2024 durch Umbau des Kölner Radstadions in Müngersdorf entstehen soll, soll nach dem gebürtigen Ehrenfelder benannt werden: »Albert-Richter-Velodrom«.

Im Juli hatte der Rat entschieden, das Radstadion zwischen Rheinenergiestadion und Sporthochschule für 60 Mio. Euro umzubauen. Es war ein Coup: Weil Köln den Zuschlag für einen Olympiastützpunkt im Bahnradsport erhalten hatte, teilen sich Bund, Land, Stadt und Sportstätten GmbH, eine städtische Tochter, die Kosten. Köln bekommt eine bundesweit bedeutende Radsportstätte, die auch für andere Sportarten genutzt werden kann.

Die Entscheidung, welchen Namen die Arena tragen wird, steht noch aus. Zum Unmut der Bürgerinitiative »Albert Richter Velodrom«. Sie möchte die Arena nach Richter und den Vorplatz nach dessen ­jüdischem Trainer Ernst Berliner benennen. Seit eineinhalb Jahren macht sich die BI um Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) dafür stark. Sie erhielt die Zustimmung der Bezirksvertretung Lindenthal. Auch Beschwerde- und Sportausschuss sprachen sich für die Umbennung aus. Und doch passierte lange: nichts. »Wir finden es beschämend, dass sich Rat und Verwaltung in dieser Frage derart viel Zeit lassen«, kritisierte die BI im September.

»Die Genese war etwas ruckelig«, gibt Oliver Seeck, Vorsitzender des Sportausschusses, zu. Es sei völlig unstrittig, dass Richter die Würdigung verdiene. »Wenn man es runterbricht, drehte es sich um die Frage: Wer bezahlt es?«, so der SPD-Politiker. Die Sportstätten GmbH als Betreiberin hatte die Einnahmen aus den Namensrechten an der Arena in ihrem Etat einkalkuliert — so wie sie es auch beim Rheinenergiestadion macht. »Wenn aus dem politischen Raum der Wunsch kommt, das Stadion nach Albert Richter zu benennen, fehlt dieses Geld den Sportstätten erst mal«, erläutert Seeck. Aus der Perspektive des Sports sei ihm wichtig gewesen, dass das Geld nicht nur aus dem Sportetat genommen werde und kleine Sportvereine unter der Kürzung litten.

Die Initiative kritisierte vor allem die Sportstätten GmbH, die den Betrag für die Namensrechte zu hoch angesetzt habe — dem Vernehmen nach rund 200.000 Euro pro Jahr. Sie fürchtete, dass ihr Anliegen durch Verteilungskämpfe in der Verwaltung Schaden nehmen oder gar scheitern könnte. Das Gedenken an Albert Richter dürfe kein offizielles Preisschild bekommen.

Mittlerweile aber befindet sich der Zwist auf der Zielgeraden: Die Stadt hat sich mit den Sportstätten geeinigt. Im November wird sich der Stadtrat voraussichtlich mit breiter Mehrheit für ein »Albert-Richter-Velodrom« aussprechen. »Damit stellt sich das höchste ­politische Gremium der Stadt der Verantwortung der Geschichte«, sagt Bezirksbürgermeister Hupke.