»Keine Leute!«: Dem ambulante Kinderpflegedienst fehlt es an Personal, Foto: Pixabay

»In vielen Fällen werden die Eltern auch krank«

Der ambulante Kinderpflegedienst »Wir für Pänz« muss Familien abweisen — weil es nicht genug Pflegekräfte gibt

»Ich nenne Ihnen mal ein paar Beispiele«, sagt Petra Gast, Geschäftsführerin von »Wir für Pänz« am Anfang unseres Telefonats. »Wir haben aktuell zwei Säuglinge in der Warteschleife, die schon aus der Klinik entlassen wurden und jetzt in einer betreuten Wohngruppe in Siegen leben müssen, weil es keine ambulante Pflegekraft für sie gibt.« Täglich pendeln die Eltern, die in Köln leben, dorthin. »Und wir haben ein 7-jähriges Kind, das nicht in die Schule gehen kann, weil es Epilepsie hat und keine Begleitung bekommt.«

Schon lange klagt der ambulante Pflegedienst, der sich seit 1989 um chronische kranke Kinder und Kinder mit Behinderung kümmert, über Fachkräftemangel. Jetzt spitzt sich die Situation immer mehr zu. Rund 25 Kinder und Jugendliche betreut »Wir für Pänz« derzeit. Jeden Monat müssten sie aber Anfragen von Eltern ablehnen, erzählt Petra Gast. »Und warum? Keine Leute!« Das Problem: Wenn kein ambulanter Pflegedienst zu den Kindern nach Hause kommen kann, müssen sie häufig viel länger stationär medizinisch betreut werden. Oder die Eltern übernehmen alleine die Pflege, eine körperliche und psychische Belastung für die ganze Familie. »In vielen Fällen werden die Eltern auch krank — oder die Geschwisterkinder fangen an zu leiden, weil sie nicht mehr die notwendige Aufmerksamkeit bekommen können.«

Petra Gast glaubt, dass das Pflegekräftereformgesetzt, das 2020 in Kraft getreten ist, die Lage weiter verschärfen wird. Das Gesetz soll den Wechsel der Pflegenden zwischen einzelnen Berufsfeldern erleichtern, aber: »In dieser Generalistik wird nicht mehr spezialisiert ausgebildet.« Dabei sind gerade für die Kinderkrankenpflege Ex-pert*innen gefragt, denn allein medizinisch ist die Pflege und Versorgung überhaupt nicht vergleichbar mit der von Erwachsenen. »Und dann kommt noch dazu, dass wir Familien in extremen Situationen beglei­ten, etwa wenn ihr Kind eine Palliativdiagnose bekommt und stirbt.« Der Pflegedienst »Wir für Pänz« fordert deswegen wie viele andere eine Verbesserung der Aus- und Weiterbildung und dass die Politik Anreize schafft, um Menschen für diesen Beruf zu stärken. »Es sind so viele Familien, die völlig alleine da stehen«, sagt sie. »Wir müssen endlich eine Lösung finden.«