Alles beim Alten: KAT 18 in der Südstadt

»Mist gebaut«

Das Theater der Keller zieht doch nicht in die ­Südstadt — und kämpft um seinen Ruf

Freie Theaterszene gegen Subkultur: So ließe sich der Konflikt um eine Handvoll Gewerberäume in der Südstadt beschreiben, der im Herbst 2019 ausbrach. Das Hausprojekt am Kartäuserwall — aus einer Besetzung hervorgegangen und nicht zu verwechseln mit den Ateliers für Künstler mit Behinderung im Vorderhaus — sollte die als Werkstätten, Büros, Ladenlokal, Studio und Probebühne genutzten Räume im Innenhof aufgeben und Platz für das Theater der Keller machen, das auf der Suche nach einer neuen Spielstätte ist. Das wollten die Nachfolger der Hausbesetzer nicht ohne weiteres hinnehmen. Die Eigentümerin der Immobilie, die früher landeseigene LEG, bemühte sich ausdauernd um eine Lösung, die für beide Seiten akzeptabel wäre. Die sah schließlich so aus: Das Theater bekommt einen der Räume als Foyer und baut den Gewölbekeller darunter als Spielstätte aus. Öffentliches Fördergeld sollte bei der Finanzierung helfen. Die Miete für alle Gewerberäume sollte steigen, aber weit unter »marktüblichem« Niveau bleiben.

Inzwischen ist klar: Der Umbau für das Theater ist hinfällig. »Wir haben den Fördergebern Bescheid gesagt, dass wir die Gelder nicht abrufen werden«, sagt Ralph Elster, Vorsitzender des Trägervereins, CDU-Ratsherr und ehrenamtlicher Bürgermeister, der Stadtrevue. Er kämpft derzeit nicht nur für eine neue Spielstätte, sondern auch um den Ruf des Theaters. Der langjährige Vorsitzende des Trägervereins des Theaters, Ulrich Wackerhagen, Kölner Rechtsanwalt und FDP-Kulturpolitiker, hat zugegeben, Geld von einem Spendenkonto für private Zwecke missbraucht zu haben. Mitte November hatte die Welt zuerst berichtet.

Der Schaden scheint eher überschaubar. Wackerhagen hat den Großteil der wohl mehr als 80.000 Euro, um die es geht, zurückerstattet. Das bestätigt Elster, der zudem auf die Jahresabschlüsse 2016 bis 2019 verweist. Sie seien von einem Steuerprüfer überprüft und nicht beanstandet worden. Die Belege für dieses und das vergangene Jahr werden derzeit durchleuchtet. »Das Theater war und ist professionell geführt«, sagt Elster. Im Oktober wählten ihn die Mitglieder zum neuen Vorsitzenden.

Wackerhagen bereut derweil öffentlich. »Das war ein Fehler. Ich habe Mist gebaut«, sagt er in einem Telefonat. Er habe aber umfangreich an der Aufklärung mitgewirkt. Das Geld einer Spenderin sei für den Umbau gedacht gewesen. Auf ihren Wunsch habe er ein Konto auf seinen Namen eingerichtet, bevor er auf die »dumme Idee« gekommen sei, sich Geld »zu leihen«. An anderer Stelle habe er beim Bezahlen »die falsche Karte aus dem Portemonnaie gezogen«. Ende September hatte Elster Strafanzeige gegen Wackerhagen gestellt.

Die Entscheidung, nicht an den Kartäuserwall zu ziehen, ist aber davon unabhängig gefallen. Die Sanierung hatte sich zum Millionenprojekt entwickelt. Im Dezember 2020 bereits beschloss der Vereinsvorstand, alle weiteren Planungen auszusetzen. Bis dahin hatte Elster, damals noch Schatzmeister, mit dem Vorsitzenden Wackerhagen Zusagen für 1,5 Mio. Euro Spenden und Fördergeld zusammengetragen, bevor die Kostenschätzung auf mehr als 2 Mio. stieg. Elster hielt gar 3 Mio. für realistisch. Das habe er als Schatzmeister nicht verantworten können.

In diesem Sommer erfuhr das Hausprojekt, dass das Theater nicht einziehen wird. War der Streit mit der bürgerlichen Kultureinrichtung also Zeitverschwendung? »Den Ärger hätten wir uns natürlich gerne erspart«, sagt eine Sprecherin des Kollektivs, das im Konsens entscheidet. Insgesamt habe die Auseinandersetzung aber »den Hof belebt« und ihnen viel Zuspruch beschert. Das Theater der Keller bleibt vorerst im Ausweichquartier in Deutz — und vielleicht dauerhaft auf der anderen Rheinseite. Baulöwe Christoph Gröner hat angeboten, dem Theater geeignete Säle in seinem Mülheimer Baugebiet Cologneo zu vermieten.