Kritischer Blick auf die Stadtverwaltung: Klaus Schäfer vom Bündnis Porz-Mitte

Alles zu keiner Zeit

Das Porzer Zentrum soll seit Jahren wiederbelebt ­werden. Initiativen werfen der Stadt Untätigkeit vor

So vieles wurde versprochen. Das Zentrum der ehemaligen Stadt Porz, wo jahrelang ein Warenhaus am Marktplatz leer stand und umliegende Geschäfte schlossen, sollte wieder attraktiv werden. Das Warenhaus riss man 2017 ab, die städtische Entwicklungsgesellschaft Moderne Stadt errichtet seitdem drei neue Geschäftshäuser. Die gigantische Baustelle lässt mittlerweile erahnen, wie groß die Gebäude der »Neuen Mitte Porz« werden, der ehemalige Marktplatz wird zugebaut sein. Eröffnen werden hier nur Filialisten, wie man sie überall findet. Wird damit das Porzer Zentrum attraktiver?

Zusätzlich hatte 2018 der Stadtrat ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) beschlossen: das nahe Rheinufer soll besser angebunden und verschönert werden, die Fußgängerzone ebenso, und in einer Hochhaussiedlung, die als sozialer Brennpunkt gilt, wird ein Park angelegt. Es gab Bürger­beteiligungen dazu, außerdem wurde ein Beirat geschaffen mit Vertretern von Politik, Verwaltung, Initiativen. Er soll die Umsetzung des ISEK begleiten und Empfehlungen aussprechen. Dort macht sich nun Unmut breit. Der Bürgerverein Porz-Mitte zog sich bereits zurück. »Anfangs waren wir euphorisch«, sagt die Vizevorsitzende Anita ­Mirche. »Aber nichts geht in Porz voran.« Dem Amt für Stadtentwicklung, das die Geschäftsführung des Beirats innehat, bescheinigt Mirche Untätigkeit und schlechte Kommunikation. Auch Klaus Schäfer vom Bündnis Porz-Mitte übt scharfe ­Kritik: »Den Beirat gibt es seit 2016, aber nichts ist passiert.« Bislang habe das Amt für Stadtentwicklung keinen einzigen Antrag gestellt, um Fördermittel zu erhalten.

Brigitte Scholz, die Amtsleiterin, begründet das mit Änderungen von Förderrichtlinien. »Wir sind gut getaktet«, beteuert sie. Derzeit werde die Fortschreibung des ISEK bearbeitet, dazu habe es eine Bürgerbeteiligung gegeben, und Ende September stelle ihr Amt die Anträge. »Dann hat das ISEK an Gewicht gewonnen — mehr Maßnahmen, höheres Finanzvolumen«, so Scholz. »Es ist ein Stärkungspaket für Porz-Mitte, und in diesem Rahmen können weitere Aktivitäten stattfinden, die Porz-Mitte ­weiter stärken.« Die Erwartungshaltung im Beirat sei aber sehr groß, so Scholz. Das Gremium diene der Information und sei Plattform für den Austausch. »Genau das leisten wir.« So sieht es auch Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller (CDU), Vorsitzende des Beirats. »Ich bin seit einem Jahr im Amt, in der Zeit habe ich keine Defizite festgestellt.« Der Beirat tage zweimal im Jahr, bei Bedarf gebe es Sondersitzungen. »Die Kommunikation, die Information, alles läuft.«  

Doch die Initiativen im Beirat verlieren  die Geduld. Es müsse eine neue Geschäftsführung her, sagt Klaus Schäfer vom Bündnis Porz-Mitte. Einstimmig hat der ­Beirat das vor kurzem sogar der Bezirksvertretung nahegelegt.

»Das Amt sitzt da in zwei Trikots — als Amt und als Moderator. Das funktioniert nicht, denn das Amt verfolgt eigene Interessen.« Ein Beispiel sind für Klaus Schäfer die Planungen für einen Porzer Stadtgarten. Der soll auf einem Gelände entstehen, auf dem sich ein Berufskolleg befindet. Seit Jahren ist ­dessen Umzug geplant. Danach könnte der Stadtgarten angelegt werden. Das sei auch angesichts des Klimawandels wichtig, so Schäfer. Doch er vermutet, dass das Amt für Stadtentwicklung Wohnungen plane. Im September hatte das Amt für Stadtentwicklung das Gebiet aus dem ISEK herausgenommen, weil »die Verlagerung des Berufskollegs zeitlich offen« sei und daher keine Fördermittel beantragt werden könnten, so die Begründung. Folglich konnten die Porzer bei der neuen Bürgerbeteiligung zum ISEK keine Vorschläge dazu einreichen. Inzwischen hat auch die Porzer Bezirksvertretung darauf gedrängt, die Planungen für den Stadtgarten ­wieder ins ISEK aufzunehmen.

Auch an der Großbaustelle für die Neue Porzer Mitte drohen ­Verzögerungen. Denn um das Bauprojekt wie geplant umzusetzen, müsste das Dechant-Scheben-Haus, ein Anbau der Kirche St. Josef, ­abgerissen werden. Im Parterre sitzt aber eine Bankfiliale. Das Kreditinstitut sperrt sich. Dem Vernehmen nach ist die Bank nur gegen eine Abstandszahlung von 1,5 Mio. Euro bereit, vor 2028 auszuziehen. Aber selbst, wenn das gelänge, macht sich in Porz Skepsis breit.

Die Planungen von Moderne Stadt hält Anita Mirche vom Bürgerverein auch für verfehlt. »Fischgeschäft, Metzger, Bio-Laden oder ein Wäschegeschäft? Wird es alles nicht geben! Porz hat überhaupt kein Alleinstellungsmerkmal.« Mirche sagt, ihr sei die Zeit für einen Beirat, der nichts bewegen könne, zu wertvoll. Sie engagiert sich dafür, Sponsoren für Jugendarbeit zu finden, sorgt für die Bepflanzung von Blumenkübeln, organisiert eine Gegendemo bei einem Querdenker-Aufmarsch. »Im Bürgerverein können wir mehr für die Menschen erreichen als im Beirat.«

»Jeder Beirat hat sein eigenes Format, und sicher gibt es immer wieder Zeitpunkte, an denen es sich lohnt, Formate zu überprüfen«, sagt Amtsleiterin Brigitte Scholz. Jetzt sei es aber wichtig, die Umsetzungsvoraussetzung für die Maßnahmen des ISEK zu schaffen und die ersten Anträge für die Städtebauförderung einzureichen.Zugleich kündigt Scholz mehr persönliche Gespräche an. Es solle auch darum gehen, mehr Verständnis für die Arbeit des jeweils ­anderen zu entwickeln.