Den Bestseller im Blick: Monica Ali. Foto: Yolande De Vries

Die Liebe nach der Liebe

Monica Ali schildert in »Liebesheirat« einen sexuellen Culture Clash in Süd-London

Einen Bestseller zu schreiben, kann auch eine Bürde sein. Monica Ali kann das bezeugen. 2003 veröffentlichte sie mit »Brick Lane« den Roman über das multikulturelle London, auf den das britische Lesepublikum gewartet hatte: die Geschichte einer jungen Frau aus Bengalen, die sich weder mit dem Platz am Rand zufrieden geben will, den die britische Gesellschaft ihr zuweist, noch mit der traditionellen Rolle als Muslima, die ihr Partner von ihr verlangt. Und Monica Ali hatte damit ihren Platz sicher — auf den Nominierungslisten der Literaturpreise, den Büchertischen im Kaufhaus und im Englisch-LK. Für Monica Ali war es auch ein Gefängnis: Ihre nächsten Romane stießen — obwohl literarisch ambitionierter — auf weitaus weniger Interesse. Sie hatte ein anderes Sujet gewählt. »Es war naiv, zu denken, ich hätte über alles schreiben dürfen — so wie ein weißer Mann«, so Ali in einem Interview.

Mit »Liebesheirat« kehrt sie jetzt zum Thema von »Brick Lane« zurück — auch wenn der Roman nicht im Osten, sondern im Süden Londons spielt. Dort wohnen die Ghoramis, eine britisch-bengalische Familie. Mutter Anisah ist Hausfrau und Konzernerbin, ihr Mann Shaokat hat sich nach ihrer Liebesheirat aus ärmlichsten Verhältnissen zum Arzt hochgearbeitet. Umso enttäuschter ist er von Sohn Arif, der sich nach einem dahingeschlunzten Soziologiestudium als brotloser Dokumentarfilmer versucht. Stolzer macht den »Baba«  Tochter Yasmine, die in seine Fußstapfen tritt und bald ihren Kollegen Joe Sangster heiraten wird, der wiederum der Sohn einer linksliberalen Feministin ist, die in den 70ern durch ein Nacktbild weltberühmt wurde.

Klar, auch in »Liebesheirat« geht es um einen culture clash, allerdings um einen sexuellen. Die prüde aufgewachsene Yasmin hinterfragt ihre Sexualität besonders im Kontakt mit Joe, der wegen seiner Sexsucht in Therapie ist. Die Ehe von Anisah und Shaokat ist dann doch keine reine Liebesheirat und der Ärger über das Vaterglück von Sohn Arif führt dazu, dass sie sich kurzzeitig trennen. Monica Ali schildert all dies mit Humor, Einfühlungsvermögen, ohne falsche Sentimentalität und oder Klischees. »Liebesheirat« ist eine interkulturelle Komödie für die 20er Jahre — eine BBC-Verfilmung ist schon in Planung. Danach kann Ali ja wieder was anderes schreiben.

Roman

Monica Ali: »Liebesheirat«
Klett-Cotta, 592 Seiten, 25 Euro

Lesung

Mi 6.4., Kölnischer Kunstverein, 19.30 Uhr