The Norwegian Opra: Musiktheater in Köln, Foto: The Norwegian Opra

»Kooperation statt Konkurrenz«

SPARK, das erste Kölner Festival für aktuelles Musiktheater, entpuppt sich als Fundgrube

Wenn Musik, Theater, Literatur, Tanz und Bildende Kunst sich gegenseitig inspirieren und alle Akteur*innen Risikobereitschaft, Experimentierfreude und der Wille zum radikalen Denken eint, dann fliegen rosarote Kreativitätsfunken. SPARK, das erste Kölner Festival für zeitgenössisches freies Musiktheater, will einen Flächenbrand der Vernetzung entfachen.

Ursprünglich war das Festival für März 2021 geplant. Und musste aus allseits bekannten Gründen verschoben werden. Nun ist es bald so weit, die Proben laufen auf Hochtouren und der Ticketverkauf hat gestartet. Vom 7. bis zum 10. April werden an drei verschiedenen Spielorten neun sehr unterschiedliche Produktionen gezeigt. Das Besondere: Acht davon sind extra für SPARK und das kooperierende Hamburger Musikfestival »49 Stunden Stimme X« (13.–15.5.2022 ) entstanden. Lediglich bei »hellhörig«  handelt es sich um eine adaptierte Wiederaufnahme. Auf die man sich, verrät die Produktionsleiterin Eva Maria Müller vom Kölner Produktionsbüro littlebit, gespannt freuen kann. Zusammen mit Daniel Mennicken vom Netzwerk ON Cologne — Neue Musik Köln e.V. und den Initiatorinnen des Festivals Sandra Reitmayer und Christina C. Messner gehört sie zum Kernteam der Organisation. Sie teilen die Vision, dass Musiktheater einen größeren Stellenwert in Köln bekommen kann und dass die Vernetzung der Kunstszene zu überregionaler Strahlkraft verhelfen wird. »Kooperation statt Konkurrenz« lautet ihr Motto.

Die künstlerische Leitung bilden Sandra Reitmayer und Christina C. Messner gemeinsam. Damit kommen schon zwei sich gegenseitig befruchtende Kunst­­sparten zusammen. Christina C. Messner ist Komponistin, Violinistin und Performerin, Sandra Reitmayer arbeitet als Theaterregisseurin und ist Teil des Kölner Musiktheaterlabels Paradeiser Productions. »Wenn Christina komponiert«, sagt Sandra. »Dann schreibt sie nicht nur Noten, sondern denkt bereits das Performative mit.« Auch für Eva Maria Müller gehören zeitgenössische Musik und theatrale Performance eng zusammen: »Kompositionen werden inszeniert, mit Bewegungen, mit Licht, mit allem was dazu gehört. Das ist ein Spiel mit Facetten, ein Zusammenkommen verschiedenster Formate.«


Das ist ein Spiel mit Facetten, ein Zusammenkommen ver­schiedenster Formate.
Eva Maria Müller

Und ums Zusammenkommen geht es. »Das Wichtigste ist der Austausch«, sagt Sandra Reitmayer. »Der Austausch zwischen den Künstler*innen und dem Publikum und zwischen den Künstler*innen und Kollektiven untereinander.« Es ist eben dieses Zusammenkommen, was das Festivalgefühl ausmacht. Und dazu gehören neben dem gemeinsamen sinnlichen Erleben von Aufführungen auch das Drumherum mit Workshops und Diskursveranstaltungen. Und im besten Fall ein Kaltgetränk.

Platz hierfür bietet der φeerroom in der Alten Feuerwache. Der Open Space ist während der Festivaltage durchgehend geöffnet, ist interaktive Klang- und Rauminstallation, Bühne und Begegnungsstätte zugleich. Hier werden jeden Tag zwei Happenings stattfinden, in denen die Performer*innen von the paranormal φeer group die künstlerischen und theoretischen Fragestellungen des Festivals gemeinsam mit dem Publikum kreativ ausloten und in alternativen Formaten besprechen.

Alle Kräfte werden gebündelt, um eine Plattform für zeitgenössisches Musiktheater zu schaffen. Oder, wie Eva Maria Müller es ausdrückt, eine Netzwerkfundgrube zu eröffnen. »Es gibt so viele Akteure in Köln, aber keine Gelegenheiten und kaum geeignete Räume, um Musiktheater bekannt zu machen«, sagt sie. Das fängt schon bei den Proberäumen und Werkstätten an, erstreckt sich über den nicht vorhandenen Fundus bis zum Mangel an einem adäquaten Aufführungsort. Auch Sandra Reitmayer kritisiert die Produktions- und Aufführungsbedingungen in Köln: »Wenn die Akustik toll ist, dann ist der Boden kein Tanzboden.« Sie fordert: »Die Transdisziplinarität der Künste muss sich in der Infrastruktur widerspiegeln.«

Wenn Transdisziplinarität zum Grundprinzip wird, dann geht es auch um die gleichwertige Behandlung aller Künste ohne ­Hierarchien, um die Möglichkeit gute Arbeitsbedingungen auf Augenhöhe zu schaffen. Ein weiterer Schritt in Richtung einer offenen, solidarischen und pluralen Gesellschaft. »Das ist schon lange kein Dienstleistungsjob mehr«, findet Eva Maria Müller, »Das ist unser Herzblut. Unser Baby.«