Grüße an Jeff Buckley: Tom Brandt

Virtuosität in Unperfektion

Mit tinie creatures spielt Tom Brandt fantasievoll ­verästelten Songwriter-Pop

Der Kölner Musiker und Schauspieler Tom Brandt hat ein neues Eisen im Feuer: tinie creatures nennt der Anfang 30-Jährige sein Solo-Projekt, bei dem er vornehmlich auf Englisch singt und trotz weitgehender Reduktion auf Gitarre und Gesang den Virtuositätsfaktor deutlich nach oben schraubt.

Beim Konzert letzten Herbst im Rubinrot konnte man es bereits deutlich spüren: Hier wandelt einer auf den Spuren von Jeff Buckley, dem früh verstorbenen Meister der versierten Singer-/Songwriter-Musik. Bei Brandt begleitet die Gitarre nicht einfach nur den Gesang, sondern sie geht ihre eigenen verschlungenen Wege, übernimmt auch mal die Führungsrolle, umgarnt die Gesangsstimme eher, als ihr lediglich das Fundament zu bieten. Mit deutschen Texten wäre eine derartige Verschmelzung von Gesang und Instrument aufgrund der inhaltlichen Dominanz wohl schwer zu erreichen: »Tatsächlich war die stärkere Konzentration auf die Musik im Ursprung für mich ein Punkt«, bestätigt Tom, »außerdem hatte ich ja auch große Lust, ein Projekt zu machen, in dem ich nochmal einen sehr anderen Ausdruck finde und das sich von bestehenden Sachen möglichst stark unterscheidet.« Dennoch seien die Texte nicht nur melodietragende Bausteine und Platzhalter: »Wenn ich damit nicht versuche, eine Geschichte zu erzählen, kann ich es auch lassen. Auf Englisch schreibe ich natürlich anders, ich bin eben kein Muttersprachler und drücke mich einfacher aus. Das gibt aber auch weitere Möglichkeiten, Bilder zu bauen und textlich Atmosphären zu erschaffen oder zu verstärken.«

Für die sieben Songs seiner im April erschienenen EP »strange water sessions«, deren Einspielung auch komplett auf Video festgehalten wurde, hat Tom sich erstmals von zusätzlichen MusikerInnen begleiten lassen. Die Arrangements sind allerdings recht verschieden — mal geht es mit Drums, Bass und Trompete in rockigere Folk-Prog-Gewässer, dann wieder wird es mit Cello und Klavier kammermusikalisch.

Doch auch wenn Tom gelernter Schauspieler ist, geht es ihm bei tinie creatures weniger darum, in Rollen zu schlüpfen: »Ich erschaffe keine Kunstfiguren. Mein Ansatz — das, was mich interessiert und mir Spaß macht —, ist eher zu versuchen, da mit einer Authentizität ranzugehen, eben nichts zu ›spielen‹ oder als von ­außen rangeholt darzustellen.«

Die »strange waters session« ist auf Youtube und den gängigen Streamingportalen erschienen.