Weniger Autos, mehr Aufenthaltsqualität: Deutzer Freiheit

»Das ist hier eine Fußgängerzone!«

In Deutz und Ehrenfeld starten Verkehrsversuche

Seit gut einer Woche läuft der Verkehrsversuch, als sich die Mitglieder der Initiative »Deutzer Autofreiheit« auf der Straße treffen —mitten auf der Deutzer Freiheit, der Haupteinkaufsstraße im Viertel. Ein Kind malt auf den Asphalt, während Radfahrer schwungvoll vorbeiziehen. »Das ist hier eine Fußgängerzone!«, ruft jemand aus der Gruppe. Immer wieder müssen sie auch Autos aufhalten, die aus einer Nebenstraße in die Deutzer Freiheit abbiegen wollen.

»Es braucht noch viel Aufklärungsarbeit«, sagt Karin de Miguel Wessendorf von der Initiative. Fünf Jahre kämpften sie für ihre Vision einer autofreien Deutzer Freiheit, seit dem 10. Juni ist sie Wirklichkeit, fast jedenfalls. Autos dürfen die Straße noch queren und einen kurzen Abschnitt auch befahren, um eine Sackgasse zu erreichen. Zwölf Monate dauert der Versuch, den die Bezirksvertretung Innenstadt auf Anregung der Initiative beschlossen hat. Ob er erfolgreich ist, wird durch die Verwaltung und die Hochschule Bochum evaluiert. Probleme sind nicht zu übersehen: Da sind die ­E-Roller-Fahrer, obwohl sie in einer Fußgängerzone nicht erlaubt sind. Die Radfahrer, die zu wenig Rücksicht nehmen. Noch immer läuft der Großteil der Fußgänger auf den Bürgersteigen.

»Hier wäre eine gute Gestaltung zentral, damit die Menschen sich intuitiv richtig verhalten«, sagt Ralph Herbertz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Eine neue Beschilderung allein nütze nicht viel, stattdessen seien etwa farbliche Markierungen sinnvoll, die Fußgänger animieren, die Straße in Besitz zu nehmen und zugleich Radfahrern signalisieren, dass die Straße eine Gemeinschaftsfläche ist. »Gleichzeitig wäre es wichtig, rasch attraktive Alternativen für einen schnellen Radverkehr zu schaffen«, so Herbertz. Dann könnten Radpendler, auf Nebenstraßen ausweichen, um zügig ihr Ziel zu erreichen.

Das gleiche gelte für die Venloer Straße, wo im Juli ebenfalls ein Verkehrsversuch startet. Zwischen Innerer Kanalstraße und Gürtel werden Parkplätze weggenommen und Tempo 20 eingerichtet. Nach einer »gewissen Eingewöhnung« wird die Venloer dann Einbahnstraße; die Richtung steht noch nicht fest. Ohne deutliche, zunächst provisorische Umgestaltungen, fürchtet Herbertz, wird sich an der Dominanz der Autos wenig ändern und sich für Fußgänger zu wenig verbessern. Karin de Miguel Wessendorf aus Deutz sieht trotz Anfangsschwierigkeiten bereits Erfolge. Sofort hätten die Menschen die begrünten Sitzmöbel, die für einige Monate auf der Deutzer Freiheit stehen, in Besitz genommen. »Wir wollten mehr Aufenthaltsqualität und den Menschen den öffentlichen Raum zurückzugeben. Das hat jetzt schon super geklappt.«