Alles ist Ware: Yufan Bai, Kai Ko

Moneyboys

C.B. Yi wirft einen vielschichtigen Blick auf illegale ­Sexarbeiter in China

Fei ist ein Junge vom Land, der irgendwann in die Stadt gezogen ist auf der Suche nach einem freieren und finanziell besser gestellten Leben. Jetzt verdient er seinen Lebensunterhalt als Escort und unterstützt damit auch seine Familie, die zwar das Geld bereitwillig annimmt, von seiner Homosexualität aber nichts wissen will. Anders als Prostitution ist queeres Begehren in China nicht gesetzlich verboten, doch nach wie vor ein großes gesellschaftliches Tabu, zumal in der Provinz. Im Dorf wird über Fei getuschelt, sein Onkel nennt ihn eine Schande für die Familie. In der Stadt ist er als illegaler Sexarbeiter in ständiger Gefahr, verhaftet zu werden.

Bei einem seiner Aufträge ­begegnet er Xiaolai, einem erfahrenen Moneyboy, der ihn unter seine Fittiche nimmt, bald arbeiten und leben sie auch zusammen. Als Xiaolai sich an einem brutalen Freier Feis rächt, wird er von einem Schlägertrupp übel zugerichtet und Fei muss untertauchen. Fünf Jahre später, Fei lebt inzwischen in einer anderen Stadt, folgt ihm ein alter Freund aus Kindertagen, und eine Weile scheint so etwas wie Glück ­möglich.

Der in China geborene C. B. Yi, der mit 13 Jahren nach Österreich auswanderte und später in Wien bei Michael Haneke Filmregie studierte, erzählt seinen aus Zensurgründen in Taiwan gedrehten Debütfilm stilsicher mit vielschichtigen Figuren. Das Drama wirft einen faszinierenden Blick auf die aufstrebende junge urbane Mittelschicht ­Chinas zwischen Tradition und Turbokapitalismus. Im Januar wurde »Moneyboys« in Saarbrücken mit dem Max-Ophüls-Preis als bester Film ­ausgezeichnet.

Yi taucht seinen Film in ­dramatische Farben, das Neonlicht der nächtlichen Großstadt steht im Kontrast zum Naturalismus der Landszenen. In langen Einstellungen zeigen sich Details oft erst nach und nach, offenbaren sich verstohlene Blicke und werden die komplizierten Beziehungen zwischen den Figuren oft ohne viel Worte durch die Anordnung im Raum angedeutet. Ein in seiner distanzierten Melancholie anrührender Film, der nicht nur wegen seiner Bilder nachhallt, sondern auch als Porträt einer verlorenen Generation. Im Grunde sei es egal, sagt einer der ­Moneyboys, ob man sich prosti­tuiert oder in einer Lederfabrik schuftet. Im Kapitalismus wird ­alles zur Ware.

AU/F/B/TW 2021, R: C.B. Yi, D: Kai Ko, Chloe Maayan, Yufan Bai, 118 Min. Start: 28.7.