Schönes Durcheinander

Fiston Mwanza Mujila gibt dem Alltag in Zaire viele Stimmen

Aus Fiston Mwanza Mujila sprechen viele Stimmen. Zum Erklingen brachte er sie vor ein paar Wochen bei der Poetica. Auf der Bühne des Schauspiel Köln trug er ein Gedicht vor, modulierte seine Stimme, stretchte die Vokale, verschob die Tonhöhe und wechselte fließend zwischen den Sprachen — die personifizierte Polyphonie.

Auch in seinem neuen Roman »Tanz der Teufel« präsentiert Mujila eine Vielzahl von Stimmen. Sie versammeln sich im Grenzgebiet zwischen dem Land, das zur Zeit des Romans noch Zaire heißt, und dem Norden Angolas, wo das Diamantenschürfen Aussicht auf schnellen Reichtum verspricht: »In diesem Land des Glücks, des schmutzigen Geldes und des sauberen Geldes, des Tanzes der Teufel, war alles möglich.«

Diesem Versprechen folgen viele, nur um schließlich festzustellen, dass, sofern es sich erfüllt, der Reichtum nicht von Dauer ist. Zwar wacht Tshiamuena, die Madonna der Minen, über ihre Schützlinge, aber gegen Erdrutsche, Korruption und die UNITA-Rebellen ist auch sie machtlos. Fiston Mwanza Mujila stellt den Kapiteln aus den Minengebieten Szenen aus seiner Heimatstadt Lubumbashi im Süden Zaires entgegen. Hier leben Sanza, Molakisi und Ngungi, drei junge Männer, die von ihren Familien davongelaufen sind und sich nach reichlich Klebstoffkonsum in eine Welt voller Reichtümer flüchten. In einer Art Dickensischer Volte landen die drei Straßenkinders schließlich im Dienst von Monsieur Guillaume, einem Agenten des Mobutu-Regimes, dessen liebstes Spähobjekt der Club Mambo de la fête ist, in dem sich alle versammeln, um zu kongolesischer Rumba den titelgebenden »Tanz der Teufel« zu tanzen — »solange noch etwas Leben in einem steckte«.

Mujila erzählt all diese Handlungsstränge aus mindestens ebensovielen Perspektiven. Er wechselt vom erzählenden Ich zur Autorenperspektive des allwissenden Geschichtenerzählers und hat schließlich noch ein negatives Spiegelbild seiner eigenen Rolle an der Uni Graz, wo er afrikanische Literatur unterrichtet, eingebaut: den österreichischen Schriftsteller Franz Baumgärtner, der durch die Szenerie eilt und als Weißer die Geschichten Schwarzer für seine Arbeit reklamiert. »Tanz der Teufel« ist ein Roman, der mit vielen Stimmen spricht — ebenso vielfältig wie chaotisch, aber niemals langweilig.

Fiston Mwanza Mujila: »Tanz der Teufel«, Paul Zsolnay Verlag, 288 Seiten, 25 Euro