Der Schildbürgersteig: Aachener Straße im Belgischen Viertel

Hochgepäppelt und abgesägt

Die Gastro-Meile auf der Aachener Straße ist in Gefahr — oder doch nicht?

Man muss nicht mal mit Kinderwagen oder Rollator unterwegs sein, um zu merken: Auf der Gastro-Meile am Beginn der Aachener Straße ist es ganz schön eng. Im Gedränge zwischen Häusern und Café-Tischen müssen Passanten zuweilen befürchten, dass ihnen beim Zusammenstoß mit einem Kellner der heiße Cappuccino um die Ohren fliegt. Doch jetzt besteht die Chance auf Entspannung: Den ­Autos wurde eine Spur weggenommen, um sie den Radfahrern zu geben, die sich zuvor ebenfalls auf den Bürgersteig zwängten. Was Radweg war, wird nun freier Raum — und der weckt stets Begehrlichkeiten.  

»Wir haben sofort einen Dringlichkeitsantrag gestellt, damit der neue Raum auch wirklich den Fuß­gängern zugute kommt«, sagt Julie Cazier, Fraktionsvorsitzende der Innenstadt-Grünen. Im April beschloss die Bezirksvertretung Innen­stadt einstimmig, dass der »durch Umwidmung des bestehen­den baulichen Radwegs gewonnene Platz« im Bereich der bestehenden Außengastronomie »vollumfänglich dem Fußverkehr zugute kommen« soll.

Monate vergingen, da lud plötzlich die Kölner FDP zum Pressetermin an die Aachener Straße. Die Grünen, so die FDP-Politiker Lorenz Deutsch und Volker Görzel, hätten »mal wieder zugeschlagen« und an der Gastro-Meile einen Schildbürgerstreich gespielt. Die Betreiber des Bauturm-Cafés hatten ihre Außengastronomie für das kommende Jahr beantragt — und vom Ordnungsamt eine Absage bekommen, mit Verweis auf den Beschluss vom April. Lediglich einen kleinen Tisch dürften sie noch aufstellen, erzählten sie den Presse-Vertretern. Wie kommt nun das Ordnungsamt dazu, die Tische von der Aache­ner Straße fegen zu wollen? Schuld ist wohl der von den Grünen arglos formulierte Satz, der dem Ordnungsamt — dem natürlichen Feind der Gastronomie — als Steilvorlage diente: »Neue Sonder­nutzungserlaubnisse für Außengastronomie können ausgestellt werden, sofern die verbleibende Gehwegbreite mindestens 4 Meter beträgt.« Die FDP nahm selber Maß und stellte fest, dass der Raum von Hauswand bis Bordsteinkante maximal 4,5 Meter breit ist und das Aus für die Außengastronomie damit beschlossene Sache sei. Dass die Liberalen den Beschluss im April mittrugen, erwähnten sie dabei lieber nicht.

Die Grünen beeilen sich nun, die »Fake News« zu korrigieren. »Die vier Meter sollen doch nur dort gelten, wo künftig neue Außen­gastronomie genehmigt wird«, sagt Julie Cazier. Die Verwaltung habe den Beschluss falsch interpretiert, aber das werde man aufklären. »Schade, dass die Politik nicht vorher mit den Gastronomen gesprochen hat«, sagt Till Riekenbrauk von der IG Gastro. »Der jetzige Beschluss enthält viele Fall­stricke.« In der Sache sei man sich aber einig: »Wir sind hundertprozentig dafür, dass Fuß­gänger ausreichend Platz be­kommen.« Bezirksbürgermeister ­An­dre­as Hupke (Grüne) hat eine Aktuelle Stunde zum Thema einberufen, es werde dann auch einen neuen Beschluss geben, sagt er. Aber entschuldigen müsse man sich nicht. »Wir Grüne haben die Gastro-Meile erst hochgepäppelt«, ruft er, »und wir lassen auch nicht zu, dass sie vom Ordnungsamt wieder abgesägt wird!«