Die braune Normalität

Gärtnern bei Dürre ist grausam. Trost spenden prächtige Tomaten

Dieser Sommer will kein Ende nehmen. Jeden Tag radle ich in den Schrebergarten, der mit jedem Tag brauner und staubiger wird. Das Gemüsebeet wird zwar alle zwei Tage automatisch bewässert. Aber das reicht nicht mehr. Die Rote Bete lässt die Blätter hängen. Die Gurken vertrocknen, kaum, dass sie drei Zentimeter groß sind. Selbst das Unkraut macht bei der Dürre schlapp.

Unter der stechenden Sonne fülle ich die Gießkanne und eile damit zum jungen Birnbaum, dessen Blätter schon im August gelb sind und die Rinde rissig. Wir haben ihn erst vor drei Jahren gepflanzt, so schnell will ich ihn nicht aufgeben. Aber die Pflanzenwelt drumrum rühre ich nicht an. Entweder sie kommt ohne meine Wassergaben klar, oder sie muss sterben. Es wäre verrückt, den gesamten Garten grün halten zu wollen, man bräuchte Badewannen voll Wasser dafür, jeden Tag. Traurig beobachte ich die wenigen Gärtner in unserem Verein, die noch täglich mit dem Schlauch über den Rasen gehen, in der Hoffnung, ihm nur über ein paar trockene Wochen hinweghelfen zu müssen. Nein, es wird nicht mehr so wie früher werden. Ein brauner Rasen ist die neue Normalität.

Doch ich käme in der Hitze nicht jeden Tag her, wenn es nicht auch Schönes gäbe. Jedes Jahr hält der Garten Überraschungen bereit, selbst unter Extrembedingungen. Und in diesem Jahr sind es definitiv die Tomaten. Es heißt immer, sie bräuchten viel Wasser und Pflege. Bei uns bekamen sie beides nicht und wurden dennoch eine Pracht. Handtellergroße Ochsenherz-Tomaten, kleine süße und ein großer Busch voll gelber Tomaten mit so zarter Schale, dass sie sich beim Kochen auflöst. Jeden Tag kann ich einen großen Korb davon ernten, und er ist immer noch warm, wenn ich ihn zu Hause abstelle. Ein Salat aus diesen Tomaten kann einen sogar den Schrecken des Klimawandels für einen Moment vergessen machen.  

Ich las neulich, es sei an der Zeit, unsere Gartenästhetik zu überdenken. Auch ein brauner Rasen könne schön sein, sagte ein Vertreter der Wasserwirtschaft. Ich fürchte, das wird noch ein schwerer Weg für viele Kleingärtner. Auch für mich. Selbst der Vorratsschrank voll selbst eingekochtem Sugo ist da nur ein schwacher Trost.