Mit Gastfreundschaft fängt alles an: Lucas und Marijana Croon

Ein Synonym für Familie

Das Ehepaar Marijana und Lucas Croon legt auf und ­versöhnt Düsseldorf und Köln

Als Marijana Croon vor acht Jahren von Belgrad nach Köln umgezog, kam sie als Molekularbiologin nach Deutschland, um ihren Doktor zu machen. Sie arbeitet bis heute im Max Planck Institut für Biologie des Alterns und experimentiert dort bisweilen monatelang an einem Versuchsaufbau. Sie sagt: »Ich muss mich künstlerisch betätigen, damit ich nicht verrückt werde« — und lacht dabei.

Neben ihr sitzt ihr Ehemann Lucas, der jedem Wort folgt und verständ­nisvoll nickt. Trotz ihrer arbeitsintensiven Labortätigkeit legt Marijana auf: In Clubs und Bars, in Köln und Düsseldorf, zumeist gemeinsam mit Lucas.

Lucas ist schon länger als DJ unter­wegs und seit einigen Jahren Resident im Salon des Amateurs in Düsseldorf. Nachdem sie lange Zeit nicht wussten, wie sie dieses Love-Back2Back schlussendlich nennen sollten — anfangs fungierte es unter Lucas Croon & Marijana —, setzte sich langsam ein Name durch: The Croons. Marijana scherzt, dass der neue Name vielleicht aus einer typografischen Verlegenheit entstanden sei. Hier wird nämlich gar nicht gesungen (gecroont), sondern »bloß« aufgelegt, am liebsten die ganze Nacht und irgendwo zwischen Köln und Düsseldorf.

Genug Anlässs für ein paar Fragen an die Croons.

Man diskutiert in unserer Szene seit Corona wieder über Brot­jobs: Jobs, denen man neben der künstlerischen Tätigkeit nachgeht, um sein Leben zu finanzieren. Bei dir, Marijana, ist die Situation eine andere: Du bist Wissenschaftlerin und nur nebenbei DJ. Wie kombinierst du beide Seiten?

Marijana: Einen Großteil meines Arbeitstags arbeite ich mit meinen Händen. Und das passt gut zum Auflegen. Außerdem bin ich eh schon ein wenig taub, weil ich schon immer sehr laut Musik beim Arbeiten höre.

Bei dir Lucas ist es anders. Du arbeitest konstant als Musiker.

Lucas: Ja, genau. Ich bin Komponist für Pop-Musik, aber auch für Soundtracks. Ich habe schon mehr­fach mit dem Regisseur Jan Bonny zusammengearbeitet. Daneben habe ich aber immer auch 450-­ ­Euro-Jobs gemacht, als Filmvorführer oder in einem Weinladen.

Man kennt dich erst seit einigen Jahren als »Club-Musiker«, davor gab es das Neo-Kraut-Projekt Stabil Elite.

Lucas: Und davor war ich beim Hip­Hop, hatte meine ersten Auftritte danach in meiner »Glam-Zeit«. Live-Auftritte in semi-Drag mit Federkostüm. Aber Stabil Elite war ganz klar das Projekt, mit dem ich eine größere Öffentlichkeit erreicht habe.

Man hatte nach dem ersten Album den Eindruck, dass ihr euch aus dem Gefüge heraus entwickeln wolltet. Dein Kollege Nikolai Szymanski begann eigene Sachen zu produzieren, das vortreffliche Airchina-Projekt, und du brachtest ebenfalls eigene Dancefloor-Tracks raus. War das der Tatsache geschuldet, dass der Salon des Amateurs in Düsseldorf immer mehr zur Homebase wurde — und damit der Dancefloor wichtiger als die Konzertbühne?

Lucas: Das war erstmal eine persönliche Entscheidung. Aber die ist nicht unabhängig vom Salon entstanden. Mit meinem Freund Jan (Schulte aka Bufiman) habe ich viele Abende im Salon verbracht, irgendwann auch selbst aufgelegt und dabei Lust bekommen, diese Musik auszuprobieren — alternativ zum Diskurs-Pop und Kraut, den wir mit der Band verfolgt haben. Es ist nicht so, dass meine musikalische Entwicklung stehen bleibt. Ich habe gerade eine Platte fertig gestellt, die ist wieder weiter weg von der Tanzfläche gedacht, eher poppig, vielleicht krautig, könnte man sagen.

Der Salon  sieht ja weniger wie ein Club aus, sondern eher wie ein Café, und trotzdem ist er in der Welt bekannt. Du bist da reingewachsen.

Lucas: Der Salon steht für den Düsseldorfer Sound, und dieser Sound wird in Düsseldorf nur da gespielt. Es war immer ein besonderer Ort. Die ersten Monate, ja Jahre, wurde man von der Gründungsriege immer etwas misstrauisch beäugt. Dann hat sich das aber entwickelt und erweitert.

Heute machst du das Booking ...

Lucas: Genau, in Nachfolge von Detlef Weinrich, der nach Paris gezogen ist, haben Jan Schulte und ich den Job übernommen. Wir machen das nicht eigentlich zu zweit, sondern mit dem ganzen Team. Vieles ergibt sich aus jahrelangen Residencys und Freundschaften. Jetzt gibt es die nächste Riege, die Bands gründet und anfängt aufzulegen. Im Salon wird der Austausch gepflegt.  

Man spricht in der Szene von euch als The Croons. Was bedeutet das für euch?

Marijana: The Croons ist ein Synonym für unsere Familie, es fühlt sich richtiger an als nur »Mari­jana und Lucas Croon«. Wenn wir Leute einladen, bei uns im Salon zu spielen, nehmen wir sie in unser Haus auf, und sie genießen es, sich als Teil der Familie zu fühlen. Außerdem macht es viel mehr Spaß, gemeinsam zu spielen und zu reisen, als so zu tun, als wäre man ein DJ, allein auf Tournee zu gehen und Nächte in Hotelzimmern zu verbringen. Wir ziehen es immer vor, als The Croons eingeladen zu werden.

Lucas: Für mich heißt es, gemeinsam aufzutreten und aufzulegen. Ich finde das super interessant. Marijana legt ganz anders auf als ich!

Marijana: Genau, ich finde es gut, dass es männliche und weibliche Energien am DJ-Pult gibt.

Lucas: Das Gastgebertum, muss man betonen, ist in Abgrenzung zum klassischen Booker zu verstehen. Die DJs, wie im Jaki vor einigen Wochen das Beesmunt Sound System, kommen zu uns, schlafen bei uns, wir essen gemeinsam. Das ist eine ganz andere Kategorie als anonymes Auflegen. Für diese Gastfreundschaft stehen wir beide.

Lucas ist mittlerweile nach Köln gezogen. Wie empfindet ihr diese Region Düsseldorf-Köln?

Marijana: Beiden Städte sind vom Sound sehr getrennt. In Köln gibt es das Acephale, was einen ähnlichen Sound wie der Salon pflegt, sonst findet man kaum Gemeinsamkeiten. Als ich vor acht Jahren aus Belgrad kam, war der Kölner Sound geprägt von House und Minimal. Das ist in den meisten Clubs immer noch so.

Spräche das nicht dafür, dass eigentlich jedes Wochenende Kölner nach Düsseldorf fahren müssten, um den Salon-Sound zu erleben …

Lucas: Ja, das sieht man aber nicht. Auch andersrum gibt es keinen großen Austausch. Dafür ist man dann doch zu faul.

Ich hätte jetzt erwartet, dass wir darüber sprechen, wie ein 9-Euro-Ticket die Hürde senkt, auch mal für gute Acts die Bahn zu nehmen und in eine andere Stadt zu fahren.

Lucas: Nein, aus meiner Sicht macht das keinen Unterschied.

Marijana: Wenn wir keine Freunde im Salon hätten oder da auf­legen würden, würden wir auch nicht so oft dahinfahren. Club­leben hat immer mit Nachbarschaft zu tun.