Authentisch: die Kölner Illustratorin Pauline Polom mit ihrem Buch, Foto: Franziska Freiwald

»Oh Baby. Du Wunder.«

Die Kölner Illustratorin Pauline Polom hat ein Kinderbuch herausgebracht: Geschwisterkriegen, mal ganz authentisch

Die blonden Haare hängen wie Buntstiftfäden vom pausbäckigen Gesicht, nachdenklich schauen die Kulleraugen zu Boden und über dem Kopf baumelt in der Luft ein Fragezeichen: »Aber wozu hat man denn eigentlich Geschwister?« Es ist eines der schönsten Bilder in dem Kinderbuch übers Geschwisterkriegen von Illustratorin Pauline Polom, weil es so trefflich die Mischung zwischen Neugier und Ratlosigkeit im Gesicht der kleinen Protagonistin zeigt. Tilda, bald vier Jahre alt, bekommt eine Schwester. Doch das kleine Menschlein, das da von Papa im Wickeltuch durch den Park getragen wird, immerzu Milch aus Mamas Brust trinkt und noch gar nicht spielen kann, bringt die Welt der fröhlichen Struppelkopf-Tilda zum Wanken.

»Oh Baby. Du Wunder.« heißt das Bilderbuch, geschrieben von Autorin Maria Pfeifer-Disterer, illustriert von der Künstlerin Pauline Polom. Ende August ist es im Eigen­verlag erschienen. Authentisch ist sie, die Geschichte der kleinen Familie, die um einen neuen Menschen größer wird — und unterscheidet sich damit von vielen anderen Kinderbüchern zum Thema. Denn dass diese Zeit herausfordernd und aufregend ist, daraus machen die beiden Kölnerinnen keinen Hehl. »Wir wollten mit dem Buch auf kindgerechte Weise zeigen, wie es wirklich ist: die Schwangerschaft, die Geburt und auch die Zeit danach im Wochenbett«, erzählt Pauline Polom.

Wie in einem Rausch haben sie, beide zweifache Mütter, dafür an ihrem Projekt gearbeitet. Abends, wenn die Kinder im Bett waren, saßen sie mit Skript, Zeichenblock und Bleistift in der Weinbar ­»Morio« am Schillplatz beisammen und überlegten: Wie kann man eine Geschichte übers Ge­schwister­kriegen erzählen, frei von Klischees und Tabuisierung? Herausgekommen ist ein Buch, das neben der fiktiven Story über Tilda auch die Arbeit der Hebammen erklärt und wie sich der Körper der Frau nach der Entbindung verändert: »Sogar erwachsene Freunde, die sich das Buch ansahen, haben sich wie die kleine Tilda im Buch gewundert, dass der Bauch der Mutter auch nach der Geburt noch so groß ist«, erzählt Pauline Polom. »Daran sieht man, wie wichtig es ist, einen realitätsgetreuen Blick auf diese Zeit zu werfen und offen anzuerkennen, ja, genauso ist es! Eine wirklich große Veränderung für alle.«

Und mit Veränderungen und Lebenswandeln kennt sich Pauline Polom aus, das zeigt schon ein Blick auf ihre Biografie. 2003 hat sie ihren Abschluss an der Filmhochschule Lodz gemacht, hat danach in Warschau Werbefilme produziert, in Köln als Kostümbildnerin internationale Filmproduktionen gestaltet, ein Upcycling-Label in Berlin gegründet, und sich schließlich als freie Illustratorin, wieder zurück in Köln, selbständig gemacht. Dort engagiert sie sich nun in Gruppen, wie etwa »GründerMütter«, die Frauen zur Vereinbarkeit von Mutterschaft und Selbständigkeit berät und unter­stützt, und hat in Köln eine Netzwerkgruppe der »IllustrationLadies« gegründet. Einmal im Monat trifft sie sich mit anderen Illustratorinnen, zum gemeinsamen Austausch — und zum Zeichnen. »Gerade wenn man als Mutter freiberuflich arbeitet, ist der Kontakt zu anderen in dieser Situation ganz wichtig«, findet Pauline Polom. »Man ist einerseits sehr flexibel in seiner Arbeit, andererseits aber eben oft auch unsicher, ob man es schafft, mit der eigenen Arbeit finanziell unabhängig zu bleiben.«

Mit dem Kinderbuch »Oh Baby. Du Wunder.« sind Pauline Polom und Autorin Maria Pfeifer-Disterer bald auf der Frankfurter Buchmesse unterwegs, ein paar Verlage haben bereits Interesse bekundet, das Buch in Zukunft weiter zu veröffentlichen. Und an einer weiteren Stelle, ist die Kunst von Pauline Polom bald zu sehen: Für das Gastro-Magazin Tagnacht, das Ende August im Stadtrevue Verlag erschienen ist, hat sie die Illustrationen gezeichnet. Selten zuvor hat eine Figur so akrobatisch Obst­schalen und Cocktail-Gläser ­balanciert!

Maria Pfeifer-Disterer / Pauline Polom: »Oh Baby. Du Wunder.«, Kleine Klicks Geschichten 2022, 36 Seiten, 17 Euro
paulinepolom.com