Nach der »Flut«: »Gezeiten« in der Tanzfaktur

Von Neugier getragen

Die Emanuele Soavi incompany feiert in der Tanzfaktur ihr zehnjähriges Bestehen

Emanuele Soavi hat viel zu tun in diesen Tagen. Gerade haben die Proben zu seinem neuen Projekt »Gezeiten« begonnen, in der Tanz­faktur läuft die Organisation für das zweiwöchige Jubiläumsprogramm auf Hochtouren. Routine, das wird im Gespräch am Telefon schnell klar, ist für den Choreografen eine Ödnis, die es zu vermeiden gilt. Emanuele Soavi sucht nach neuen Kooperationen — und nach neuen Räumen, die es zu bespielen gilt. Daher auch der Name des Labels, das nun sein zehnjähriges Bestehen feiert: »Emanuele Soavi incompany«, ein Wortspiel, das die ständig wechselnde Zusammenarbeit zwischen dem Choreografen und unterschiedlichen Künstler*innen beschreibt.

2012, als Stadtrevue-Autorin Melanie Suchy Emanuele Soavi traf, hatte sich sein Team vom movingtheatre.de gerade aufgelöst, die Gründung einer neuen Kompanie stand an. In ihrem Artikel schrieb sie: »Er entwirft von Köln aus eine doppelte Linie: freie Szene und Stadttheater.« Der Rückblick allein auf die letzten zwei Jahre bestätigt das. Im März 2021, mitten im zweiten Lockdown, zeigte Emanuele Soavi die Ausstellung »Acts«, für die er Künstler*innen auf der ganzen Welt bat, ihren neuen Arbeitsalltag in fotografischen Selbstbildnissen festzuhalten. Ein paar Monate später, im September 2021, brachte er anlässlich des 250. Geburtstages Beethovens das gewaltige dreiteilige Projekt »Flut« in der Oper Köln auf die Bühne: Zwölf Tänzer*innen seiner Incompany, die Duisburger Philharmoniker und die Elektronik-Komponisten Wolfgang Voigt und ­Stefan Bohne interpretierten Schlüsselwerke Beethovens.

Der erste Teil dieses Projekts wird beim Jubiläumsprogramm in der Tanzfaktur nun erneut gezeigt, obgleich sich dieser Abend sehr von der Oper-Inszenierung unterscheiden dürfte. Mit sieben Tänzer*innen, einer Cellistin und einem Soundkünstler zeigt die Emanuele Soavi incompany zum Auftakt des Programms eine Neubearbeitung des Stücks. »Das Spiel mit Räumen fasziniert mich«, sagt er. »Meine Neugier trägt mich an immer neue Orte. Ich will herausfinden, was sich dort zeigen lässt und was innerhalb dieser Räume mit den Menschen passieren kann.«

Wie etwa auch in »Orakel«, der installativen Performance in der Tanzfaktur: Ähnlich wie bei einem antike Orakel schreitet das Publikum durch ein Portal in die Zukunft — und davon wünscht man der »Incompany« noch viel mehr.


Tanzfaktur, 18.9.–2.10.
emanuelesoavi.de