Umnutzung nicht erwünscht: Justizzentrum in Sülz

Grau ist alle Energie

Wie lässt sich der Abriss des Justizzentrums mitdem Klimaschutz vereinbaren?

Das Justizzentrum an der Luxemburger Straße, kaum 40 Jahre alt, soll einem Neubau weichen. Im Mai hatten sich Stadt und Land auf Eckpunkte geeinigt. Mitte Oktober sollen Siegerentwürfe eines Architekten-Wettbewerbs präsentiert werden. Dass das Hochhaus abgerissen werden muss, stand für die Bauherren fest.  »Aus Landessicht« sei der Neubau die beste Lösung, so eine Sprecherin des Bau- und Liegenschaftsbetriebs des Landes (BLB), der das Projekt verantwortet. In einer »Wirtschaftlichkeitsbetrachtung haben neben monetären Kriterien auch deutlich höhere energetische Standards Berücksichtigung gefunden«. Experten bezweifeln das. Konkrete Zahlen legt der BLB nicht vor.

Helmut Röscheisen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Köln hat deshalb eine Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz an den BLB gerichtet, um die Grundlage für die Entscheidung nachzuvollziehen. Ein Gutachten gebe es nicht, so die Antwort, die der Stadtrevue vorliegt. »Die Fachplaner haben in ­einem Workshop-Verfahren die grundsätzliche Sanierungsfähigkeit des Bestandsgebäudes ausführlich geprüft«, heißt es weiter. Das Ergebnis sei anschließend in eine »Gesamtbetrachtung« eingeflossen, auf deren Grundlage der Wettbewerb ausgeschrieben worden sei. Im Titel der rechtsverbindlichen Ausschreibung ist der Neubau als Ziel festgehalten. Röscheisen will sich damit nicht zufriedengeben.

Unter dem Stichwort »Graue Energie« diskutieren Bauwirtschaft, Architekten und Stadtplaner die Klimabilanz von Gebäuden. Längst hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Gebäude zu erhalten, grundsätzlich die klimaverträglichste Lösung sei. Auch der Städtetag empfiehlt, bestehende Gebäude umzunutzen statt abzureißen. Rohstoffe wie Kies und Sand sowie die mit viel Energie hergestellten Baumaterialien wie Beton und Stahl sollen mit ihrer CO2-Bilanz in einer Abwägung über Abriss und Neubau oder Sanierung und Umnutzung von Bauten berücksichtigt werden.  

Die Fraktionen im Kölner Rat werden sich mit der Planung des BLB erst befassen, wenn das Preisgericht einen Sieger gekürt hat und das Ergebnis als Bebauungsplanentwurf vorliegt. Mit viel gutem Willen könnte man einen zaghaften Einwand in der Vereinbarung aus dem Mai erkennen. Dort ist vom Erhalt als einer »hilfsweisen Option« die Rede, die aber »keine Alternative« zu Abriss und Neubau sei. Die Stadt hätte sich für den Erhalt des Bestandsgebäudes aussprechen müssen, sagt Röscheisen vom BUND. Auch die Regierungsbeteiligung der Grünen auf Landesebene und ein grüner Minister als Nachfolger des früheren Justizministers Peter Biesenbach (CDU) scheinen bislang keinen Einfluss auf die Pläne des BLB zu nehmen.

»Von allen Seiten wird uns ­erzählt, dass wir Energie sparen müssen«, sagt Thomas Scheidler, emeritierter Professor für Architektur der FH Aachen. »Hier aber sind CDU und Grüne im Rat und im Landtag bereit, enorme Mengen an Energie zu verschwenden.« Scheidler hat das Verfahren beobachtet. Er hofft, dass sich die am Wettbewerb beteiligten Büros nicht abschrecken lassen, den Erhalt zumindest teilweise vorzuschlagen. Ein Team hat das anscheinend in Betracht gezogen. In einem Kolloquium zum Wettbewerb wurde gefragt, ob der Entwurf  einer Umnutzung denn zum Ausschluss führe. Die in der Niederschrift festgehaltene Antwort ist knapp: »Es gibt keine formalen Ausschlusskriterien. Die Bewertung der Wettbewerbsleistungen obliegt dem Preisgericht.« Das tagt am 19. Oktober, einer der Preisrichter ist Peter Biesenbach von der CDU, der ehemalige NRW-­Justizminister.