Grün und gläsern

Für die Klimaneutralität in Köln ist aucheine andere politische Kultur nötig

Die Nachricht sollte eine gute sein, als OB Henriette Reker und Umweltdezernent William Wolfgramm im November vor die Presse traten: Bis zum Jahr 2035 kann Köln zu einer klimaneutralen Stadt werden. Neun Millionen Tonnen CO2 könnten zukünftig jährlich eingespart werden. So steht es in einem Gutachten, das die Stadtverwaltung hat erstellen lassen.

Dafür sind große Anstrengungen nötig: Alle verfügbaren Flächen auf dem Stadtgebiet müssten für Solarthermie genutzt, Heizungen komplett ohne fossile Brennstoffe betrieben werden. Und auch der gesamte ÖPNV, die Logistik und alle privaten Fahrzeuge müssten elektrifiziert sein.

Das alles wird nur funktionieren, wenn die Rahmenbedingungen optimal sind: wenn zuverlässig Solarpanele geliefert werden und die nötigen Fachkräfte vorhanden sind, um sie einzubauen etwa. Wenn die unterschiedlichen Interessen in EU, Bund und Land NRW zusammengehen. Wenn die Stadtverwaltung dafür neue Kom­petenzen ausbildet. Spoiler: So wird es nicht kommen. Und selbst wenn, müsste Köln immer noch 0,7 Tonnen CO2 kompensieren.

Trotzdem hat OB Henriette Reker Recht, wenn sie sagt, dass diese Hindernisse kein Grund seien, nicht den Weg zur Klimaneutralität einzuschlagen. Eine Alternative gibt es dazu tatsächlich nicht. Aber wie genau dieser Weg gestaltet wird, ist eine politische Frage. Welche Bevölkerungsgruppen werden belastet, welche unterstützt? Wie werden Subventionen gestaltet? Und das sind nur einige der vielen Konfliktlinien.

 Hinzu kommt ein psychologisches Moment: Das Misstrauen gegenüber Politik und Wirtschaft ist in Klimafragen ­besonders groß. Zu oft wurden Klimaziele nicht erreicht und dies mit Greenwashing verborgen. Da ist es positiv, dass auf den 463 Seiten des Gutachtens die bisherigen Versäumnisse der Stadt Köln klar benannt werden. Es liegt nun an ihr, diese Transparenz auszuweiten. Umweltdezernent William Wolfgramm will den gesamten Prozess mit Daten in Echtzeit erfassen: Was tut die Stadtverwaltung? Wie weit ist die Rheinenergie? Wo steht die Bauwirtschaft? Diese Daten sollten ­laufend aufbereitet und veröffentlicht werden. Schließlich steigert es die Motivation, auch einen schwierigen Weg mitzugehen, wenn man nicht das Gefühl hat, dass sich andere ­davor drücken.