Knüpfen sich Sibylle Berg vor: Import Export Kollektiv; Foto: Ana Lukenda

Auf Augenhöhe

Pulk Fiktion zeigt mit »Schnee von gestern« ein ermutigendes Stück für Kinder

Mit dampfenden Tassen, frisch aufgebrühter Pfefferminztee, ­stehen die Schauspieler*innen Katharina Bill und Norman Grotegut auf der Bühne. Das Saallicht im Freien Werkstatt Theater ist erloschen und das Publikum still geworden — da kommen schon große Fragen auf: Was hat dazu geführt, dass plötzlich alle leise geworden sind? Wie hätten sich die beiden auf der Bühne verhalten, wenn niemand ihnen zugehört hätte? Herumschreien und Druck machen? Oder lieber abwarten und Tee trinken?

Mit »Der Schnee von gestern« feierte das Kölner Ensemble Pulk Fiktion Mitte Dezember Premiere. Auf den ersten Blick ein Stück über den Zustand der Welt, für Kinder ab zehn Jahren: darüber, wie Dinge, an die wir uns erinnern, nicht mehr wiederkehren, etwa weil in diesen warmen Wintermonaten kein Schnee mehr fällt. Erinnerungen an das Schlittenfahren mit eiskalten Händen  — Schnee von gestern, eben. Auf den zweiten Blick aber auch: Theater für ein junges Publikum auf Augenhöhe. Um Selbstwirksamkeit geht es hier nämlich, darum, wie wir Situationen gestalten können und trotzdem manchmal akzeptieren müssen, dass äußere Umstände unsere Möglichkeiten einschränken.

Auf das Ping-Pong-Spiel der anfänglichen Fragerunde (»Was hast du weg gegeben und es dann bereut? Was hättest du als Kind lieber nicht gewusst?«) folgt der Abriss des Bühnenbildes: Nach und nach reißen die beiden Schauspieler*innen mit Techniker Simon Brinkmann die von der Decke hängenden weißen Folien herunter, werden Diaprojektoren hin und her getragen, um von unten herauf das Geschehen auf der Bühne zu beleuchten, werden farbige Folien vor den Lampen ausgetauscht und weißer Konfettischnee über die Bühne gewirbelt, werden Technobeats abgespielt, mit einem Fahrrad, das — so scheint es — Musik und Audioaufnahmen abspielt, sobald einer der drei in die Pedalen tritt.

»Ich denke schon, dass sich etwas ändern muss«, hört man eines der im Vorfeld interviewten Kinder sagen, aber auch: »Das Leben wird immer weitergehen, weil immer neue Menschen geboren werden.« Als am Ende alle drei dicke weiße Konfettitränen heulen, weil sie manchmal eben auch nicht weiter wissen, ist das Publikum schon in schallendes Gelächter ausgebrochen. Die Energie, die Pulk Fiktion auf der Bühne entfesselt, tut gut: weil sie Kinder ernst nehmen, aber nicht alles so bitterernst nehmen.

FFT Düsseldorf, 7., 8.2., 10 Uhr, Wiederaufnahme »Robin und die Hoods« im FWT, 12.-14.2.