Durchfahrt verboten: Die Lindenbornstraße in Ehrenfeld wird morgens und nachmittags gesperrt

Verkehrserziehung für Erwachsene

Die Stadt Köln hat »Schulstraßen« eingerichtet, um Elterntaxis auszubremsen

Elterntaxis sind ein Paradox: ­Erwachsene fahren ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, weil sie fürchten, dass ihre Kinder einen Autounfall haben könnten und ­erhöhen so die Gefahr für andere Kinder. »Diesen Kreislauf müssen wir aufbrechen«, sagt Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer. ­Dafür hat die Stadt Köln im März ein Projekt gestartet und vor zwei Grundschulen, der Vincenz-Statz-Grundschule in Ehrenfeld und der Maria-Montessori-Schule in Ossendorf, »Schulstraßen« eingerichtet. Von 7.45 bis 8.30 Uhr sowie von 14.45 bis 15.15 Uhr, wenn für viele Schülerinnen und Schüler der Unterricht beginnt beziehungsweise endet, ist die Durchfahrt verboten.

Karin Leusner befürwortet das. Die Leiterin der Vincenz-Statz-Grundschule betont aber: »Der Impuls ist von den Eltern ausgegangen.« Im vergangenen Jahr hat sich ihre Schülerschaft bei einer Projektwoche für die kindgerechte Gestaltung der Lindenbornstraße vor ihrer Schule eingesetzt. Unterstützt wurden sie von der Initiative Kidical Mass. Daraus ist das Projekt entstanden, mit dem die Stadt Köln nun ein Jahr lang Erfahrung mit Schulstraßen sammeln wird. Für Leusner sind nicht bloß die vielen Elterntaxis ein Problem. »Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Verkehr in der Stadt wird grundsätzlich immer schwieriger für Kinder.« Dabei kämen Kinder, die ihren Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegten, »viel wacher bei uns an. Das ist gut fürs Hirn.«

Verkehrsdezernent Egerer möchte das Projekt auf viele der 360 Kölner Grundschulen ausweiten. »Gerade die Jüngsten sollen erfahren können, wie man sich ­eigenständig durch die Stadt ­bewegt.« Für Egerer umfasst das Thema mehr als Verkehrssicherheit. Nachhaltige Mobilitätsbildung sei auch ein Beitrag zur Verkehrswende. Zum einen vermeide man Autofahrten, indem mehr Eltern ihre Kinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen lassen. Zum anderen könne man Mobilitätsbiographien prägen, indem junge Menschen lernen, dass man sich nicht nur mit dem Auto fortbewegen kann.

Die beiden Kölner Schulstraßen gehören zu den ersten bundesweit. Weiter ist man in Österreich: Im vergangenen Jahr wurde dort die Straßenverkehrsordnung um ein Verkehrsschild für Schulstraßen erweitert. Steffen Brückner, Mitgründer der Kölner Kidical Mass, möchte das Thema auch in Deutschland voranbringen. Der ­juristische Rahmen gebe das längst her: »Temporäre Straßensperrungen sind bei einer abstrakten ­Gefahrenlage möglich. Die ist bei Schulen immer gegeben«, sagt er. Brückner geht es um mehr als das Klischee der SUV fahrenden Eltern, die ihr Kind zu schnell und gehetzt bis vors Schultor fahren. »Der Grund für die subjektive Angst von Eltern ist ja, dass wir eine Stadt kreiert haben, in der sich sogar ­viele Erwachsene nicht trauen, Fahrrad zu fahren«, sagt er. Für Brückner sollen temporäre Straßensperrungen nur der Anfang ein. Er wünscht sich vor Grundschulen mehr Freiraum für Kinder, etwa in Form von Fußgängerzonen.