Heute kein Gejammer

Die autofreie Trankgasse ist ein Gewinn für Köln

 

Zu sagen, dass beim Kölner Verkehrsdezernat gerade alles rund läuft, wäre gelogen. Der Verkehrsversuch auf der Venloer Straße wird bundesweit verspottet, an der Deutzer Freiheit bereiten Anwohner eine Klage vor. Und jetzt kommt auch noch die Trankgasse dazu. Sie ist seit einigen Wochen autofrei. Das Excelsior-Hotel — die Durchfahrt für seine Gäste ist weiterhin gestattet — beschwert sich über die komplizierte Anreise und auf den Leserbriefseiten des Kölner Stadt-Anzeigers fantasiert ein Philharmonie-Abonnent über das Ende der Kulturinstitution, weil die Anfahrt nun so lange dauere. Die CDU fordert den Abbruch des Verkehrsversuchs und arbeitet sich dafür sogar in die juristischen Details von Ratsbeschlüssen ein. Alle Beteiligten inklusive der Lokalpresse werfen Verkehrsdezernent Ascan Egerer »schlechte Kommunikation« vor.

Dieses Argument ist, um bei Verkehrsmetaphern zu bleiben, eine Sackgasse. Denn es verkennt den Kern des Konflikts. Straßenraum ist eine begrenzte Ressource und wenn diese umverteilt wird, gibt es Menschen, die etwas gewinnen und andere, die etwas verlieren — in diesem Fall die Autonutzer:innen. Eine »gute Kommunikation« kann diesen Verlust zwar erträglicher machen, aber nicht verhindern. Aber es wäre auch verkürzt, hinter dem Rumgejammer, den Fantasmen und den juristischen Spitzfindigkeiten lediglich den Wunsch nach therapeutischer Begleitung der Verlusterfahrung zu sehen. All dies sind Strategien, den Verlust an gewohnter Bequemlichkeit doch noch abzuwenden. Hoffentlich bleiben sie erfolglos.

Denn wie viel angenehmer es rund um den Dom ist, bemerkt man, sobald man nicht mit dem Auto dort unterwegs ist. Tourist:innen können jetzt ohne Abgasgestank flanieren oder wie Rapper Rae Sremmurd ein millionenfach geklicktes Insta-Video vom Kölner Dom aufnehmen, ohne dass sie vom Verkehrslärm übertönt werden. Und sogar mit dem Rad kann man die Domumgebung jetzt durchqueren, ohne direkt wieder absteigen zu wollen. Das Kölner Stadtzentrum kommt damit allmählich einer Aufenthaltsqualität näher, die in echten Weltstädten selbstverständlich ist. Wer das nicht als Gewinn begreift, mag vielleicht die eigene Stadt gar nicht so richtig.

Christian Werthschulte fuhr neulich mit dem Rad von der Philharmonie zur Zeughausstraße. Beim Abbiegen auf die Trankgasse war die Fahrt wegen der Baken kurz unübersichtlich, danach jedoch sehr angenehm