Will Köln cooler machen: Umweltdezernent William Wolfgramm, Foto: Martina Goyert

»Ich würde mir mehr Einsicht wünschen«

Umweltdezernent William Wolfgramm über die Bedrohung durch Hitze, Kaffeetrinken im Hochsommer und grün-blaue Quartiere

Herr Wolfgramm, wir sprechen Anfang Juni, Köln erwartet heute Temperaturen von deutlich über 20 Grad. Wann macht Ihnen Hitze zu schaffen?

Ich wohne im vierten Stock, damit ist die Frage eigentlich beantwortet. (lacht) Auch ich merke eine Belastung des Herz-Kreislauf-Systems, gerade wenn es nachts kaum abkühlt.

Köln hat seit 2019 einen »Hitzeaktionsplan«. Warum?

Hitze ist eine prägnante Auswirkung des Klimawandels mit gravierenden Folgen für das Leben in der Stadt. Wir müssen uns darauf einstellen, dass lange Hitzeperioden häufiger werden, und die Gesundheit der Menschen davor schützen.

Wie bedrohlich ist Hitze?

Das RKI geht von mehr als 4500 hitzebedingten Todesfällen in Deutschland im Jahr 2022 aus. Eine Folge der Hitze am Tag, aber auch in der Nacht. Wenn hohe Temperaturen keine Pause machen, ist die Belastung enorm. Unsere Simulationen zeigen, dass bis 2050 knapp 44 Prozent der Kölner von langen Hitzeperioden betroffen sein könnten.

Der Hitzeaktionsplan richtet sich aber nur an Menschen ab 65 Jahren.

Ältere Menschen können besonders gefährdet sein, deshalb haben wir sie zunächst in den Fokus gerückt. Wir werden die Maßnahmen auf weitere vulnerable Gruppen ausweiten, etwa Kinder und Menschen, die bei der Arbeit Hitze ausgesetzt sind.

Viel Wasser trinken, nur morgens und abends lüften, Schatten aufsuchen — viele Tipps im »Hitzeknigge« klingen banal.

Viele einfache Maßnahmen sind leicht annehmbar. Das mag banal wirken, hat aber hohe Wirksamkeit.

Der Hitzeaktionsplan lindert Symptome. Warum bekämpft Köln die Ursachen nicht effektiver?

Wir tun beides. Die Stadt ist gebaut. Etwa Flächen zu entsiegeln, ist schwierig. Außerdem brauchen Planungsprozesse beträchtlichen Vorlauf. Ich bin neulich gefragt worden, warum es im Clouth-Quartier nicht mehr Grünflächen gibt. Was man als Neubau sieht, wurde vor zehn, 15 Jahren geplant. Heute denkt man bei Quartieren mehr Wasser und Grünflächen mit.


Es gibt einen Konsens beim Klimaschutz.Wenn es aber um Maßnahmen geht, die den einzelnen betreffen, wird es schwieriger
William Wolfgramm, Umweltdezernent Stadt Köln

Im Juni hat der Rat eine »Strategie zur integrierten Klimafolgenanpassung« beschlossen. Wurden die Folgen des Klimawandels zu lange unterschätzt?

Ich sage nicht, dass schon heute jeder bestmöglich vor Hitze oder Starkregen geschützt ist, aber Köln hat sich bei dem Thema früh auf den Weg gemacht. Andere Kommunen orientieren sich an uns. Der Bundesgesundheitsminister hat einen Hitzeschutzplan für Deutschland angekündigt, in Köln gibt es schon einen. Mit dem Beschluss werden weitere Strukturen zur Klimafolgenanpassung bis weit in die Verwaltung etablieren. Dafür brauchen wir eine eigene Verwaltungseinheit.

Die Stadt hat bereits 77 Maßnahmen zur Klimaanpassung vorgelegt. Welche helfen kurzfristig?

Fassaden oder Dächer begrünen, Vorgärten entsiegeln — das kann man schnell umsetzen. Auch jeder einzelne mit Förderprogrammen der Stadt wie »Grün Hoch 3«. Andere schnelle Maßnahme sind das Pflanzen von Bäumen und Projekte zur Abkühlung wie »Cologne Cooling«.

Was sind die großen Schritte zum klimaresilienten Köln?

Dass wir vorhandene Grünflächen dauerhaft erhalten. Wenn man an ­Hitzetagen etwa durch den Grüngürtel oder Stadtwald fährt, spürt man einen Temperaturunterschied. Was unsere Vorgänger angelegt haben, war städtebaulich unglaublich weitsichtig.

Aber der Druck auf Grünflächen wächst.

Das hat jüngst die Debatte um den »Masterplan Stadtgrün« gezeigt. Der Masterplan selbst trifft keine verbindlichen Festlegungen, zeigt aber auf, wo man grüne Infrastruktur schützen kann. Er ist eine wichtige Grundlage für spätere Entscheidungen. Das heißt nicht, dass jede Fläche erhalten bleibt. Natürlich brauchen wir zum Beispiel auch Wohnraum. Aber es gibt nicht nur Schwarz und Weiß.

Kommt Klimaanpassung in diesem Spannungsfeld schnell genug voran?

Wir müssen Nutzungskonflikte aufzeigen, um auf dieser Basis dann diskutieren zu können. Man muss die Belange austarieren. Ich würde mir aber wünschen, wenn es eine größere Einsicht für Klimaschutz und Klimaanpassung gäbe. Es gibt zwar, vor allem beim Klimaschutz, grundsätzlich einen Konsens. Wenn es aber um konkrete Maßnahmen geht, die den einzelnen betreffen, wird es schwieriger.