Genie des Systems: »Menschen im Hotel«

Das Genie des Systems

Der Filmclub 813 zeigt Filme über das Leben im Hotel

Es ist Sommer, entsprechend dürr sieht das Kinoprogramm jenseits der Neustarts aus. Und auch das, was man überhaupt noch findet, macht nicht immer richtig glücklich, siehe vor allem Jim Jarmuschs mit jedem Jahr ranzigeren »Night on Earth« (1991), den es in der Traumathek zu sehen gibt. In eine ähnliche Kategorie gehört auch Paul Schraders in den Lichtspielen Kalk gezeigter ästhetizistisch-opernseliger Versuch der Annäherung an Leben und Werk(e) eines der größten wie ­undurchschaubarsten Literaten des 20. Jahrhunderts, »Mishima: A Life in Four Chapters« (1985), da die immer schwerer zu ignorierende Faschophilie des Autoren den Film politisch immer eindimensionaler macht. Schade.

Was bleibt? Das Leben im ­Hotel, so wie es der Filmclub 813 sieht — wobei sich Billy Wilder mit »Some Like It Hot« (1959) gleich zu Jim Jarmusch gesellen darf. Da hätte man doch lieber das Original gesehen, Richard Pottiers »Fanfare d’amour« (1935) oder auch Kurt Hoffmanns Remake »Fanfaren der Liebe« (1951). Wobei der schon ein ähnliches Problem hat wie Wilder: zu breit ausgestellte Handwerklichkeit — das wäre dem effizienzorien­tierten Pragmatiker Pottier nie passiert.

Bleiben zwei Titel, und die sind wahrlich fein! Zum einen: Edmund Gouldings »Menschen im Hotel« nach Vicki Baums gleichnamiger Romanvorlage, einem ­fabelhaften Mix aus Neuer Sachlichkeit und Kolportage. Der Film ist ein Paradebeispiel für das sehr eigene Genie des bis ins letzte Detail durchstrukturierten, auf allen Ebenen mit Meistern ihrer Metiers besetzten Hollywood-Produktionssystems, das einen direkten Draht zu seinen Kunden, den Kinozuschauern, gehabt zu haben schien. Das Geschichtenbouquet mag in der Welt der Reichen angesiedelt sein, doch Goulding wusste durch die Möglichkeiten der MGM-Filmstudios so davon zu sprechen, dass jeder sie nach­vollziehen kann — denn alle Menschen kennen Geldnöte und ­Liebeskummer.

Zum anderen hätten wir ­Fernando Ayalas episodisch gehaltenen »Hotel für Fremden­verkehr« (1966), der ein herrlich kleinbürgerlich-komödiantischer, auch inszenatorisch etwas ruppiger Gegenentwurf ist zu Gouldings eher melodramatischem Werk. Danach freut man sich auch gleich auf den Urlaub und den Hotelauf­enthalt.

Infos: traumathek.de, lichtspiele-kalk.de, filmclub-813.de