Mehr Streetart wagen: Zedz

Bunt-komplexer Beton

Mural an Leyendecker Straße 2a von Zedz

Was für Kunst im allgemeinen gilt, wird hier im besonderen zu einer Notwendigkeit: Dieses ­Mural, man könnte umgangssprachlich auch Graffiti sagen, muss vor Ort besichtigt werden. Das liegt einerseits daran, dass man zum Beispiel beim Online-Dienst »Google Maps« arg enttäuscht wird, denn hier gibt es keine aktuellen Daten aus Ehrenfeld und somit auch keine Fotos von der Hauswand. Andererseits lässt sich das wirkliche Potenzial solcher Hausverschönerungen bloß dann erkennen, wenn die Sonne über Ehrenfeld strahlt und die ca. 100 Quadratmeter, die nach Süden blicken, bunt leuchten.

Im Mai 2019 durfte sich der niederländische Street-Artist Zedz an der Leyendecker Straße 2a verewigen und entschied sich für ein vielschichtiges Mosaik aus Pastell­flächen, Texturen, Diagonalen und Schattierungen.  Ronald van der Voet, wie Zedz bürgerlich heißt, studierte einst an der renommierten Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam. Doch bereits in den 80ern begann er seine Kunstlaufbahn auch auf den Straßen, nachdem aus New York »Sprayen« als eine der vier Säulen des HipHops nach Europa exportiert wurde.

Ob Beton oder Leinwand: Zedz entwickelte einen Stil, der fast schon mathematisch und mit offen­sichtlicher Nähe zu Architek­tur die Möglichkeiten klassischer Geometrie auslotet. Man erkennt den Einfluss des Bauhaus’ und der De-Stijl-Künstler*innen, aber auch aktueller, generierter Bildwelten: Je nach Sonnenstand besitzt das Mural eine digitale Anmutung mit seiner ornamenthaften Komplexität. Dann sehen die vielen kleinen Linien wie charmante »Fehler im System« aus.

Primär erinnert uns das Mural an subtile Effekte: Der Häuserblock der Wohnungsbaugesellschaft GAG ist hier einer von vielen. Familienwohnung ist an Familienwohnung gereiht, nichts Besonde­res. Doch die Farben und die müh­sam mit dem Kran aufgetragenen Schichten an Sprühlack geben dem Block einen Wert, der über das bloße Wohnen als »Zeit zwischen den Arbeitstagen« hinaus geht. Es ist schließlich die Frage, die der Kölner Kunstverein Artrmx, der für die Vermittlung des Künstlers an die GAG verantwortlich zeichnet, in den letzten Jahren immer wieder aufgeworfen hat: Wohnst du noch oder lebst du schon? Wenn schon die Architektur bloß  zweckmäßig ist und keinen ästhetischen Wert schafft, dann soll wenigstens die Außenwand von den Möglichkeiten der Kreativität berichten.