Brückenschläge mit Elena Malzew (li) und Lisa Klosterkötter, Foto: Jakob Engel

Rheinüberschreitungen

Die Reihe »Über Brücken — Bridging« nutzt die Kölner Rheinbrücken als Kunstraum. Ein Gespräch mit den Kuratorinnen

Elena Malzew und Lisa Klosterkötter haben sich vor ein paar ­Jahren in Hamburg kennen ­gelernt. Malzew pendelt heute zwischen der Hansestadt und ­Berlin, arbeitet für den Kunstbuchverlag BOM DIA und co-kuratiert das Programm des »Come Over Chez Malik’s«, einem renommierten Projektraum unter einer Wodka-Bar in St. Georg. Klosterkötter hingegen hat sich in Köln als Künstlerin und Kuratorin einen Namen gemacht. Neben dem Performance-Projekt »DOLLHOUSES« und dem Programm von AIC:ON ist »Über Brücken« das dritte große Projekt Klosterkötters dieses Jahr. Zusammen mit Malzew überschreiten sie und die eingeladenen Künstler*innen die Kölner Rheinbrücken: Performance trifft dann auf Skulptur, Inter­vention auf Social Art. Nach erfolgreichen Tagen an der Mülheimer und der Zoobrücke folgen noch drei weitere in den nächsten Wochen. Wir haben mit den beiden Kuratorinnen über ihre Motivation gesprochen.

Serge Spitzer installierte 2000 in der Zoobrücke 60.000 Kölsch­gläser, mit unverwechselbar lokalen Bezügen. Wie ist es bezüglich dem Lokalen bei Ihren Brückenprojekten bestellt?

Elena Malzew: Ortsspezifität denken wir vielschichtig: Die Text- und Sound-Arbeit der Künstlerin Nouria Behloul geht textlich auf die Geschichte der Kölner Arbeitsmigration und das »Kölner Brückengrün« ein, auf der Soundebene greift sie auf diasporische Musik­archive zurück sowie auf Straßen- oder Rheingeräusche. Die Form der Präsentation variiert: Bei der Mülheimer Brücke wurden Texte vorgelesen und der Sound live eingespielt, bei der Zoobrücke wurden Texte temporär auf Brückenaufgänge getaggt, dazu der Sound aus Lautsprechern abgespielt.

Lisa Klosterkötter: Unsere Veranstaltungen finden nicht unbedingt direkt an den Brücken statt. Bei der Mülheimer Brücke waren wir 2022 in der Riehler Aue, beim Ruder­verein des Mülheimer Wasser­sportvereins. Uns geht es um metaphorische Brücken in die jeweiligen Stadtteile und Communitys herein.

EM: Um ein breiteres Publikum zu erreichen.

Welche Erfahrungen konnten Sie bei den ersten beiden Ausgaben bereits gewinnen?

LK: Beim ersten Projekt auf der Mülheimer Brücke blieb das erstaunlich große Publikum bei Nourias Behlouls Life-Performance auf dem Wiener Platz, ging mit über die Brücke, um dort Wasser, das die Künstlerin für sie in Gläsern gesammelt hatte, wieder zurück in den Rhein zu gießen — trotz strömenden Regens. Von Ferne sahen alle schon die geknüpfte Skulptur der Kölnerin Franca Scholz am anderen Rheinufer. Paula Erstmann, die kulinarisch arbeitet, kooperierte dort mit der Malerin Olga Monina, die einen Grill aus Keramik modelliert hatte. Es gab Amuse-Gueules mit Kräutern aus den Rheinauen. Uns geht es um eine niederschwellige Art, Gemeinschaft zu erfahren und die Hemmschwelle gegenüber zeit­genössischer Kunst abzubauen.

Spielen die spezifischen Geschichten der Brücken eine Rolle?

EM: Unter der Zoobrücke zeigten wir im April die Videoinstallation »Under Under In« des britischen Künstlers Mark Leckey. Sie bezieht sich auf die 1968 erbaute Autobahnbrücke der M53 in Wirral im Nordwesten Englands, wo der Künstler aufwuchs. Leckey will an der Brücke die britische Sozialgeschichte aufzeigen, die als modernistisches Vorhaben und mit Zukunftsversprechen erbaut wurde, was auch für die 1966 erbaute Zoobrücke zutrifft.

Was ist auf den noch verbliebenen Brücken geplant?

EM: Auf der Hohenzollernbrücke wird es Performances des  Künstlers Soya Arakawa aus Krefeld geben, sowie von zwei Mitgliedern der Honey Suckle Company — ­einer Anfang der Neunzigerjahre in West­berlin gegründeten Künstle­r* innengruppe. Vor allem planen wir einen Reader mit Bei­trägen ver­schiedener Autor*innen über die Hohenzollernbrücke. Dessen Release wäre die letzte Station des traditionellen Brücken­spazier­gangs.

LK: Bei der Severinsbrücke wird ein Auftritt der Kölner Autorin Son Lewandowski stattfinden — der Gründerin von »Insert Female Artist«, einer feministisch-kritischen Initiative.

EM: Bei der israelischen Künstlerin Shira Lewis haben wir einen skulpturalen, alle Bridgings überdauernden Beitrag angefragt.

Über Brücken — Bridging

30.7., Hohenzollernbrücke
5.8., Deutzer Brücke
9.9., Severinsbrücke
jeweils 18 Uhr