Geschmack der kleinen Sonnen

Viel Zeit bleibt nicht: Man sollte ­zugreifen, ­sobald die ersten ­Mirabellen angeboten werden

Mirabellen sind wunderhübsch, das sagt ja schon ihr Name. Bloß werden sie schnell matschig, und ihre ramponierte Schönheit ist ein endlos trauriger Anblick. Also am besten ­sofort essen oder zubereiten! Um zu erfahren, was die Mirabelle ausmacht, kann man sie im Vergleich zur Pflaume essen. Da ist es gut eingerichtet, dass sich die Saison der beiden jetzt überschneidet. Beim Vergleich merkt man, dass die Mirabelle mehr Süße besitzt. Vieles, was wir essen, schmeckt ja plump süß. Hier ist es anders: Mirabellen haben eine der schönsten Süßen, die man sich vorstellen kann! Schmecken sie nicht wie… kleine Sonnen?

Bevor es Leserbriefe gibt: Ja, die Mirabelle selbst ist eine Pflaume und was wir im Alltag Pflaume nennen, ist nur eine von 2000 Arten. Aber wir wissen doch, was gemeint ist. ­Natürlich kann man mit Mirabellen Leckeres backen, allen voran fruchtige Kuchen. Wer die Mirabelle aber mit anderen ­Aromen kennenlernen möchte, kann sie zum Beispiel mit Lavendel kombinieren, etwa in einer ­Tarte, aber vielleicht auch einer Creme. Auch mit Vanille oder Minze ergeben sich gefällige Verbindungen. Mehr Spannung kommt auf, wenn Mirabelle auf Pfeffer, Nelke, Wacholderbeere oder ­Piment trifft. Wenn man an Chutneys denkt, erscheinen solche Kombinationen gar nicht mehr abwegig.

Berühmt ist das Mirabellen-Aroma im Schnaps. In Lothringen destilliert man seit ­alters her die besten Mirabellensorten zum ­Mirabelle de lorraine, einem sogenannten Eau de vie. Eine leichtere, frische flüssige Variante ist eine kalte Mirabellensuppe, die man sich simpel mit Milch, Limettenzesten oder ­

Vanille selbst ausdenken kann. Aber jetzt kommt’s: ­Mirabellen passen — und das ist ­wirklich wahr! — sehr gut zu Bratkartoffeln! Wenn ­Röstaromen auf diese vornehme Süße treffen, hat das einen besonderen Reiz. Dafür die ­Mirabellen am besten in ­einer ­eigenen Pfanne erhitzen oder zu einem groben Püree verarbeiten.