Fantasy aus China: »Die Höhle der Spinnenfrauen«, Foto: NB

Im Prinzip wunderbar

Zum Programm der Bonner Stummfilmtage

Die wenigen lokalen Institutionen, welche sich für gewöhnlich darum bemühen, Köln filmhistorisch nicht völlig im Niemandsland versinken zu lassen, haben sich mehr oder weniger geschlossen in die Sommerfrische ver­zogen. So bleibt zwischen dem 10. und 20. August der abendliche Weg in die einstige Bundeshauptstadt, wo cinephile Gemüter die Internationalen Stummfilmtage erwarten.

Wobei die Programmzusammenstellung zum Teil ähnlich gesinnugskunstsinnig dreinschaut wie viel zu weite Teile der offiziellen Filmkultur. Will sagen: Der Fliegerfilmabend mit Richard Normans fabelhaftem »Das Flieger­ass« (1926) und Henri Andréanis bemerkenswertem »Der andere Flügel« (1924) ist im Prinzip wunderbar — nur sollte man sich auch fragen, ob man das Anliegen von Normans Werk, ein positives Bild der schwarzen US-Bevölkerung zu präsentieren, in eine Zirkusnummer verwandelt, indem man es mit einem Film zu einem damals aktuellen Thema: Pilotinnen, mal so einfach identitäts­politikkonform zusammenpackt.

Wenig konsequent ist in dieser Hinsicht die Auswahl von Jevheniï Hrihorovyčs »Gratuliere zur Versetzung« (1932), ein Beitrag zu dem seinerzeit (nicht nur in der UdSSR) beliebten Genre des Erziehungsfilms, in dem es im Kern darum geht, verlässliche Staats­bürger institutionell zuzurichten — bei allen gestalterischen Subtilitäten handelt es sich also um Propaganda für einen autoritären Staat. Was im Prinzip kein Problem wäre, weil man von einem erwachsenen Publikum einen reflektierten Umgang mit politisch aufgeladenem Material erwarten darf, innerhalb der virtue signaling-Seligkeit des Programms stößt das dann aber unangenehm auf. Dennoch gehört dieser Film, und auch Kameragenie Michail Kaufmans seltener Ausflug in die Regie, »Im Frühling« (1929), zu den herausragenden Werken der diesjährigen Auswahl.

Angenehm exzentrisch inspiriert ist die Entscheidung, Wladimir Gaidarows Schmugglerdrama »Wellen der Leidenschaft (Kurs auf die Ehe)« (1930) nahe Teuvo Puros verblüffendem Proto-Horrorthriller »Im Angesicht des Meeres« (1926) zu zeigen — offenbart sich doch hier das Finnland nach dem Bürgerkrieg als Schreckensheim aus Alkoholmissbrauch und Leichen im Keller. Als letztes herausgehoben sei Dan Duyus »Die Höhle der Spinnenfrauen« (1927), eine herrliche Mischung aus ­Religions- und Fantasyfilm.

Eintritt frei für alle Filme im Arkadenhof! Infos: internationale-stummfilmtage.de