Abfluss verstopft: Starkregen trifft Städte immer häufiger und heftiger, Foto: Stefan Bernsmann / Pixabay

Schwamm drüber

Der Klimawandel erhöht das Risiko von Starkregen. Köln wappnet sich gegen extreme Niederschläge — und bleibt doch anfällig

Anders als viele Kölner ist Ingo Schwerdorf zufrieden mit dem diesjährigen Sommerwetter. »Wenn es permanent regnet, ­halten unsere Kanäle das gut aus. Ein Problem ist vielmehr extremer Regen mit sehr viel Wasser in ­kurzer Zeit.« Als Leiter der Abteilung Wasserwirtschaftliche Grundlagen der Stadtentwässerungsbetriebe (StEB) zählt zu Schwerdorfs Aufgaben, Kölns Infrastruktur fit zu machen für Niederschläge. Eine Aufgabe, die in den vergangenen Jahren bedeutender geworden ist. »Starkregen ist neben Hitze die ­große Herausforderung für Städte bei der Klimaanpassung«, so Schwerdorf. Denn durch steigende Temperaturen werden extreme Wetterereignisse häufiger.

Die Bedrohung, die von sogenannten Starkregenereignissen ausgeht, ist in Köln mit einem Datum verbunden, dem 14. Juli 2021. Als massive Niederschläge Eifel und Ahrtal verwüsteten, gab es auch in Köln außergewöhnlich hohe Niederschlagsmengen. Keller liefen voll, in Bickendorf und Bocklemünd standen Straßen unter Wasser, zwei Menschen starben.

Städte sind besonders bedroht von Starkregen, weil das Wasser meist ungebremst in die Kanalisation fließt, die mit den Wassermassen nicht fertig wird. »Ein ­Problem sind asphaltierte, versiegelte Flächen«, erklärt Schwerdorf.

Sie können Wasser, anders als ­entsiegelte Flächen, nicht aufnehmen, stattdessen fließt es in den nächsten Gully. »Um uns widerstandsfähiger zu machen, gibt es eine einfache Lösung: mehr Grün«, so Ingo Schwerdorf. Bäume und Pflanzen, auch an Fassaden oder auf Dächern, können Wasser speichern und den Abfluss in die Kanalisation verlangsamen. Stadtplaner verwenden den Begriff der »Schwammstadt«. »Wir sprechen in Köln von der ›wasserbewussten Stadt‹«, sagt Schwerdorf.

Sie umfasst mehr als nur ­Maßnahmen zur Entsiegelung und mehr Grün. »In einem ersten Schritt müssen wir schauen: Ist das Wasser überhaupt dreckig oder sauber?«, erklärt Ingo Schwerdorf von den StEB. Vor 20, 30 Jahren sei es normal gewesen, auch sauberes Wasser aus der Stadt in Kläranlagen abzuführen. »Da müssen wir umdenken und sauberes Wasser zur Grundwasserneubildung ­versickern lassen.« Zudem sei es denkbar, Regenwasser in sogenannten Rigolen zu speichern. Deren Prinzip sei simpel, »das kennt jeder Gärtner von seiner Regentonne«. Überhaupt: »Viele Lösungen sind keine Raketenwissenschaft«, so Schwerdorf. »Man hat es in den vergangenen Jahrzehnten nur verlernt, mit Regenwasser sinnvoll umzugehen.«

Mittlerweile ist das Problem in Politik und Verwaltung angekommen. Allerdings, betont Schwerdorf, sei es schwierig, im Bestand notwendige Maßnahmen umzusetzen. »Aber bei neueren Planungen ist das Standard.« Schwerdorf  verweist etwa auf das Quartier Parkstadt Süd, in dem ist ein zentraler Weiher angelegt, in den Wasser zufließt. Doch auch im Bestand hat man vereinzelt sogenannte multifunktionale Flächen angelegt. Man legt etwa Sportplätze, Spielplätze, Straßen oder Grünflächen tiefer, sodass sie bei extremen Niederschlägen Wasser auffangen. »Wir schaffen Retentionsvolumen. Das ist nichts anderes als bei Retentionsflächen entlang des Rheins«, sagt Schwerdorf. In diesem Jahr haben die Stadtentwässerungsbetriebe in Porz-Eil eine Retentionsfläche und einen Wasserspeicher fertiggestellt. Im kommenden Jahr soll ein vergleichbares Projekt an der Kasemattenstraße in Deutz folgen. »Man kann nicht pauschal sagen, ob Köln eine gute oder schlechte Schwammstadt ist. Aber es gibt noch einiges zu tun. Und da müssen private und öffentliche Flächen Hand in Hand gehen«, sagt Schwerdorf.

Zudem sind die StEB bemüht, auch die Folgen von Starkregenereignissen zu lindern. Seit 2017 hat Köln eine »Starkregen-Gefahrenkarte«. Eine solche Risikobewertung ist für Hochwasser eine rechtliche Vorgabe der EU — nicht aber für Niederschläge. »Jeder kann seine individuelle Gefährdung für Starkregen, Grundhochwasser und Hochwasser einsehen«, erklärt Ingo Schwerdorf. ­Darüber hinaus bieten die StEB ­einen sogenannten Wasser-Risiko-Check, der zeigt, was man tun sollte, um sich besser vor Starkregen zu schützen. »Das ist leichter, als viele Menschen glauben«, sagt Schwerdorf.