Locker vom Hocker: Tag des guten Lebens

Parkplätze zu Schnibbelküchen

Der »Tag des guten Lebens« kommt nach Nippes

Bierbuden, Musikbeschallung, Werbeaktionen — das ist, was kommerzielle Straßenfeste ausmacht. Die Besucher sind Konsumenten. Dass es anders geht, wenn man die Menschen in der Nachbarschaft einbindet, zeigt seit zehn Jahren der »Tag des guten Lebens«. Das Projekt des Vereins Agora Köln findet in wechselnden Veedeln statt, 2013 zog es 60.000 Besucher nach Ehrenfeld, es gab 150 Aktionen, so Gabi Klein und Judith Gauß, die das Fest in diesem Jahr koordinieren. Jetzt rechnen sie mit doppelt so vielen Menschen, etwa 250 Veranstaltungen auf Parkplätzen oder in den Straßen von Nippes sind angemeldet. Wo sonst Autos parken, gibt es Schnibbelküchen, kleine Konzerte, »Kennenlernen beim Tischtennis« oder einen Stammtisch zu Erneuerbaren Energien.

In Köln wird gerade um autofreie Straßen und missglückte Verkehrsversuche debattiert. Wie reagieren die Menschen, wenn nun ein Fest dafür wirbt, was man mit Parkplätzen sonst anstellen könnte? »Es geht nicht darum, gegen Autos zu sein«, so Gabi Klein. »Bloß weil Autos weg sind, heißt das ja nicht, dass sich Menschen begegnen. Wir wollen zeigen, was möglich ist, wenn es mehr öffentlichen Raum für alle gibt.«

Man suche Veedel danach aus, ob es »Nachbarschaftsstrukturen« gebe, sagt Judith Gauß. »An die kann man anknüpfen, und diese Menschen können dabei unterstützen, wieder andere Gruppen, Vereine und Menschen im Viertel zu aktivieren.«

»Wir waren außerdem an Samstagen auf dem Wochenmarkt und haben die Menschen nach ihren Wünschen für Nippes gefragt«, berichtet Gabi Klein. »Wir wollen mit der Foto- und Interviewaktion eine Vielfalt der Stimmen darstellen, um die Vielfalt des Veedels zu zeigen.« Die Wünsche seien unterschiedlich, bisweilen gegensätzlich. »Einige wünschen sich mehr ÖPNV, ein Kino, ein Schwimmbad — aber auch mal ein Parkhaus auf dem Wilhelmplatz.« Es gehe darum, Ideen auszuhandeln, sagt Klein.

Die Aktionen am Tag des guten Lebens werden von den Menschen im Veedel selbst entwickelt. Auf einer Veranstaltung im Oktober wolle man dann mit den Akteuren schauen, was gut lief und wie man es fortführen kann, sagt Gauß. Und auch der Ort für das Fest im kommenden Jahr steht schon fest: Mit Kalk geht es dann in ein Veedel, das mehr Probleme hat als Nippes, nicht nur im Straßenverkehr. Grundsätzlich sei eine gute Nachbarschaft wichtiger als eine verkehrspolitische Agenda, sagen Klein und Gauß. Aber es brauche Räume, an denen man sich begegnen könne.