Noch ist das nur Wunschdenken: Künftiges Interim des Stadtmuseums an der Minoritenstraße

Kleinkaliber für Köln

Die Besetzung des Direktorenpostens am Kölnischen Stadtmuseum gerät zum Desaster

Unter all den leidgeplagten Museen Kölns ist das Stadtmuseum am schlimmsten dran. Seit einem Wasserschaden im Zeughaus vor sechs Jahren hat es kein Zuhause mehr, das Interim im früheren Modehaus Sauer lässt noch immer auf sich warten, und seit dem Rückzug von Mario Kramp im Sommer 2022 haben die Mitarbeiter keinen Direktor mehr.

Schon länger wird ein Nachfolger gesucht, der zudem auch für das Großprojekt Historische Mitte am Roncalliplatz mitverantwortlich sein wird, wo der Neubau des Stadtmuseums entstehen soll. Der neue Direktor soll die »Leitung der Entwicklung und Positionierung des Verbunds der Historischen Museen« übernehmen. Das sind neben dem Stadtmuseum das Römisch-Germanische Museum, das NS-Dok sowie die im Bau befindliche Miqua.

Am 10. August schlug OB Henriette Reker dafür den Historiker Philipp Hoffmann vor. Doch ob er den Posten am 1. Oktober antreten kann, ist völlig offen. Der Hauptausschuss vertagte die Entscheidung auf Antrag der FDP. Die Kritik am Kandidaten ist massiv: »Er erfüllt nicht einmal die von der Stadt selbst gestellten Mindestanforderungen von drei Jahren Führungserfahrung«, sagt Maria Helmis, kulturpolitische Sprecherin der SPD. Ihre Fraktion werde Hoffmann nicht wählen.

Hoffmann leitete zehn Monate lang das Bonner Stadtmuseum und ist seit März 2022 wissenschaftlicher Leiter des dortigen Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen — drei Jahre sind das nicht. Zuvor war Hoffmann Referent der Brauchtumsabteilung im Kölner Stadtmuseum, zudem ist er nach wie vor Geschäftsführer der »Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums«. Und er ist CDU-Politiker, zog sich nach seiner Nominierung jedoch aus dem Vorstand des Bezirksverbands Kalk zurück.

Sieht so die Vita der Person aus, die Köln als »kulturhistorische Metropole ersten Ranges in Europa« positionieren soll? Daran hegen alle Fraktionen außer der CDU Zweifel. »Das Stadtmuseum muss dringend sein verstaubtes Image ablegen und zu einem zeitgemäßen Ausstellungsort werden, der die reiche Geschichte Kölns angemessen präsentiert«, sagt ­Lorenz Deutsch (FDP). Dafür brauche man eine Person mit internationaler Strahlkraft. Selbst ein Vorstandsmitglied des Fördervereins des Stadtmuseums nannte Hoffmann ein »typisches kölnisches Partei- und Karnevalsgewächs«. Inzwischen äußert man sich diplomatischer. »Unsere Kritik gilt vor allem dem Verfahren«, so der Vorsitzende Turadj Zarinfar. Das Angebot, als Förderverein beratend zur Seite zu stehen, habe das Personalamt seinerzeit ausgeschlagen. »Dabei zeigt das Beispiel des künftigen Schauspielintendanten Kay Voges, dass es mithilfe gut besetzter Gremien sehr wohl möglich ist, derartige Kaliber nach Köln zu holen.« Der Förderverein fordert, das Verfahren neu zu starten.

Mit diesem Chaos ­vergrault die ­Verwaltung noch ­­die letzten­­­ ­interessanten Bewerber
maria helmis, spd

Hinzu kommt, dass Hoffmann nicht die erste Wahl war. Zunächst hatte eine Kandidatin aus Süddeutschland eine Zusage bekommen, die daraufhin ihren Job kündigte. Doch dann fiel dem Personalamt auf, dass in Medien über ihren laxen Umgang mit öffentlichen Geldern berichtet wurde.

»Mit diesem Chaos beschädigt die Verwaltung alle Beteiligten und vergrault noch die letzten interessanten Bewerber«, sagt SPD-Politikerin Helmis. Zuletzt war die Besetzung von Leitungsposten mehrfach missglückt oder es waren mehrere Anläufe nötig, etwa beim Schauspielhaus oder dem NS-Dokumentationszentrum. Helmis fordert, Besetzungsverfahren transparenter zu gestalten und Politiker und Mitarbeiter der betroffenen Häuser »aktiv einzubeziehen«. Auch Philipp Hoffmann ist beschädigt. »Wie soll man mit einer solchen Startposition als Primus inter pares von den Leitern der anderen Historischen Museen anerkannt werden?«, fragt Turadj Zarinfar vom Förderverein.

Ob Hoffmann doch noch gewählt wird, wenn er nicht vorher hinwirft, hängt von den Grünen ab. Werden sie gegen ihren Bündnispartner CDU stimmen? Man befinde sich »in intensiven Beratungen«, heißt es nur.

Hoffmann solle »nicht der Chef der Historischen Museen werden, sondern sich vor allem um sein Haus kümmern«, so Ralph Elster, kulturpolitischer Sprecher der CDU. »Da ist die Sammlung seit 40 Jahren nicht bewegt worden, damit hat er genug zu tun.« Hoffmann sei jung und könne sich ­entwickeln, so Elster. »Er ist kein Pizzabäcker, sondern promovierter Historiker, der sich sein Leben lang mit Köln beschäftigt hat.«